Pfarrer Ernst Sieber ist in der Nacht auf Pfingsten im Kreis seiner Familie gestorben. Er wurde 91 Jahre alt und hat sich bis ins hohe Alter für Obdachlose und Menschen am Rand eingesetzt. Die Sozialwerke Pfarrer Sieber führen sein Lebenswerk weiter. «Sein selbstloser Einsatz für Menschen am Rande der Gesellschaft hat das Verständnis breiter Gesellschaftsschichten für die Botschaft christlicher Nächstenliebe erneuert», sagt der Gesamtleiter der Sozialwerke, Christoph Zingg.
Ernst Sieber wurde am 24. Februar 1927 in Horgen geboren. Er arbeitete im Welschland als Bauernknecht, bevor er 1947 seine landwirtschaftliche Ausbildung abschloss. Nun holte er die Matura nach und studierte Theologie. Als «Knecht des Heilands» bezeichnete sich der Pfarrer zeitlebens gerne.
Pionier der Drogenpolitik
Von 1956 bis 1967 war Ernst Sieber Gemeindepfarrer in Uitikon-Waldegg, danach wechselte er in die reformierte Kirchgemeinde Zürich-Altstetten, wo er 1992 pensioniert wurde. In den Ruhestand ging er freilich nicht, er engagierte sich weiterhin für Obdachlose und Suchtkranke. Sein Lebenswerk, die Sozialwerke Pfarrer Sieber, gab er in professionelle Hände ab.
Sein Einsatz für Obdachlose, denen er sich immer in der ihm eigenen Art zugehörig fühlte, geht auf die Seegfrörni 1963 zurück, als er am Helvetiaplatz in einem alten Bunker eine Notunterkunft einrichtete. Während des Drogenelends auf dem Platzspitz und am Letten nahm er sich den Drogensüchtigen an und wurde zum Pionier der modernen Drogenpolitik.
Im Zeichen der Nachfolge
Bis zuletzt arbeitete Sieber auch als Bildhauer und Maler in seinem Atelier. In seinem Leben eckte er auch wiederholt an. Er war ein Mensch mit Ecken und Kanten. Doch immer hatte er die Not seiner Mitmenschen im Blick. Sein Leben stand im Zeichen der Nachfolge Jesu. Diese Glaubwürdigkeit verhalf ihm zu einer grossen Popularität, die auch Misserfolgen standhielt.