Was zuerst eher nach einem gut besuchten, gemütlichen Abend bei Bier, Wein und Orangensaft aussah, wurde schnell zu einer angeregten Diskussion. Der Kirche ist es offensichtlich gelungen, das Wirtschaftsthema, das der Kreis 10 von Initiator Christoph Sigrist mit dem goldenen Zwingli zugeteilt bekommen hat, auf die Lebenswelt der Anwesenden herunterzubrechen. Das Thema war so brisant, dass viele Besucher mit ihren Fragen und Anmerkungen nicht bis zur offiziellen Fragerunden warten konnten. Vor allem das lokale Lädeli-Sterben löste bei den Anwohnern von Höngg grosse Entrüstung aus. Denn die meisten waren sich einig, dass ein wichtiger Bestandteil von nachhaltiger Wirtschaft im lokalen Einkaufen liegt.
Der Konsument entscheidet mit
«Die Verantwortung liegt dabei nicht nur bei den Inhabern und Vermietern der Geschäfte, sondern auch bei den Konsumenten.», betonte die Unternehmerin Tiziana Werlen, die das lokale Optikgeschäft betreibt, gleich zu Beginn der Diskussion. Natürlich spiele der Mietzins eine grosse Rolle, doch wenn die Kunden ausblieben, helfe auch die günstige Miete nicht weiter.
Da stimmen ihr die anderen Podiumsteilnehmer zu. «Wirtschaften ist ja nicht schlecht, jeder muss von etwas leben. Aber unser Sozialengagement darf darunter nicht leiden», sagt Bauer Daniel Wegmann. Wem ein belebtes Quartierzentrum wichtig sei, müsse auch entsprechend einkaufen und dabei auch einmal auf günstigere Alternativen im Stadtzentrum verzichten.
Die Stadt setzt auf publikumsorientierte Vermietungen
Lokale Einkaufsmöglichkeiten seien der Stadt ein Anliegen, sagt Stadtrat Michael Baumer. So sei beispielsweise vorgegeben, dass bestimmte Erdgeschossvermietungen publikumsorientiert sein müssen. Das heisst, es darf sich nur einmieten, wer auch viele Kunden anspricht. Ein guter Ansatz, der aber nicht vor den unvermieteten und leerstehenden Ladenflächen schützt, die bei den Anwesenden so viel Empörung auslösen.
«Mit dieser Empörung, die immer dann aufkommt, wenn unsere Wertvorstellungen verletzt werden, müssen wir ein stückweit lernen umzugehen. Schliesslich leben wir nicht im Himmel und haben immer mit unterschiedlichen Weltbildern zu tun.», sagt Wirtschaftsethiker Thomas Wallimann. Er geht schliesslich noch auf das Erbe Zwinglis ein: «Als Kirche habe wir den Auftrag zu zeigen, dass es auf dieser Welt um mehr geht, als nur ums Geld verdienen. Diese christliche Hoffnung sollten wir teilen, ohne Aussicht auf Gewinn.»
Am Ende des Abends waren sich alle Besucher einig, dass das Zusammenleben im Quartier gestärkt werden sollte. Das kann nur gemeinsam gelingen. Bleibt zu hoffen, dass der Funke, der sich an diesem Dienstagabend entzündet hat, so schnell nicht wieder erlischt.