Recherche 02. Juni 2017, von Marianne Weymann

Viel Prominenz im Berner Münster

Kirchenbund (SEK)

Über 700 Gäste aus Kirche, Gesellschaft und Politik haben am 18. Juni im Berner Münster das Reformationsjubiläum gefeiert.

Zum Auftakt seiner Abgeordnetenversammlung hatte der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) zum Festgottesdienst nach Bern geladen. Nicht nur Abgeordnete der Mitgliedkirchen, sondern auch ausländische Delegationen nahmen daran teil. Zudem gab es Grussworte unter anderem von Kurienkardinal Kurt Koch, dem Erzbischof von Canterbury Justin Welby und der deutschen Reformationsbeauftragten Margot Kässmann.

Kinder machten die Schweizer Mitgliedkirchen sichtbar: Sie stellten beim Einzug ins Münster eine Kerze mit dem jeweiligen Reformationslogo auf den Abendmahlstisch. Entzündet wurden diese dann zusammen mit einer von jeder Kirche formulierten Fürbitte.

Dankbarkeit für das Erreichte und Blick in die Zukunft. Dankbarkeit für das bisher Erreichte kam im hundertsten Psalm zum Ausdruck, der sich wie ein Leitmotiv in Wort und Musik durch den Gottesdienst zog: «Jauchzt dem Herrn, alle Welt». Orientierung für die Zukunft sollte der Predigttext geben: «Wo dein Schatz ist, ist dein Herz». Der Satz stammt aus einem Jesus-Wort aus dem Matthäusevangelium. Jesus mahnt seine Zuhörer, nicht materielle, sondern «Schätze im Himmel» zu sammeln.

«An welchem Schatz hängt dein Herz, Kirche?», fragte SEK-Ratspräsident Gottfried Locher in seiner Predigt. «Am öffentlich-rechtlichen Status? An Synodetagungen im Rathaus? An guter Presse?» Damit könne bald Schluss sein. Ein echter «Schatz im Himmel» sei der Einsatz von Christinnen und Christen für die Schwachen, sagte Locher, und erwähnte beispielsweise die Flüchtlinge oder die Opfer des Hochhausbrandes in London. Solche «Schätze im Himmel» werde es immer geben, deshalb solle die Kirche sich nicht durch Zukunftsangst lähmen lassen, sondern sich «fröhlich, frei und voller Tatkraft» auf Schatzsuche begeben.

Hoffnung für eine leidende Welt. Auch Erzbischof Justin Welby sprach von immateriellen Schätzen: Kirche sei dazu da, «Gottesdienste zu feiern und Zeugnis abzulegen», alles andere sei Verzierung. Das Zeugnis vom in der Auferstehung sichtbar gewordenen Sieg des Lebens schaffe Hoffnung in einer an Terrorismus und Konflikten leidenden Welt.

Jerry Pillay, Präsident der Weltgemeinschaft reformierter Kirchen (WGRK), sprach von den notwendigen Erneuerungen, die sich die WGRK zum Ziel gesetzt habe. Dazu gehöre etwa, die  Verbundenheit der WGRK-Kirchen untereinander zu erneuern. Deshalb wolle man sich auch mit Themen auseinanderzusetzen, die innerhalb der WGRK-Familie zu «Teilung und Spaltung» führten. Als Beispiel nannte Pillay Frauenordination und Sexualität.

Katholiken feiern mit. Kurt Koch überbrachte Segenswünsche von Papst Franziskus und lobte die Errungenschaften der Reformation. Er würdigte, dass mit Blick auf die gemeinsamen Anliegen der Kirchen auch ein gemeinsames Feiern des Reformationsjubiläums möglich geworden sei. Jetzt gelte es, weiter auf dem «Weg zur Einheit» fortzuschreiten.

Margot Kässman betonte, dass die Reformation eben keine rein deutsche Angelegenheit sei. Und Bundesrat Johann Schneider-Ammann schliesslich zeigte sich dankbar für seine reformierte Prägung, welche die Eigenverantwortung bei gleichzeitiger Sorge um das Gemeinwohl ins Zentrum stelle. Der Bundesrat brachte die Festgemeinde zum Lachen: Er spreche jetzt extra nicht Französisch, um nicht für Gelächter zu sorgen - auch wenn «rire bon pour la santé» sei. Damit spielte Schneider-Ammann auf seine Ansprache zum Tag der Kranken 2016 an, in der er mit todernster Miene über die positiven Effekte von Humor referiert und damit einen Internet-Hit gelandet hatte.

Nach dem Gottesdienst wurde im Festzelt weitergefeiert: Mit «Reformationsbier», Risotto und verschiedenen Schweizer Dessertspezialitäten. Das Schlusswort kam von Kirchenbundpräsident Gottfried Locher: «So haben wir noch nie gefeiert. Dahinter gehen wir nicht mehr zurück!»


Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».

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