Die Kantate «Herz, Mund und Tat» von Johann Sebastian Bach endet mit dem überaus melodiösen und bewegten Choral «Jesus bleibet meine Freude». Das weltberühmte Stück für Orchester und Chor wurde von der Pianistin Myra Hess 1926 für Klavier bearbeitet. Diese Bearbeitung ist nicht einfach zu spielen; die rechte Hand übernimmt die knifflige Begleitung, die konstant und leise vor sich hinfliesst, während die Melodiestimmen mit den frei verfügbaren Fingern der rechten und linken Hand deutlich lauter als die Begleitung – und doch nicht zu laut – herausgearbeitet werden müssen.
Eine besonders schöne und innige Interpretation dieses Kabinettstücks lieferte der rumänische Meisterpianist Dinu Lipatti (1917 – 1950). Seine Aufnahme bleibt unvergessen, auch wenn die tontechnische Qualität mit dem heutigen Standard in keiner Weise gleichziehen kann. Lipatti spielte den Choral auch an seinem letzten Konzert.
Abschied von der Bühne
Der Pianist litt jung an einer Krebsform des Lymphsystems. Geschwächt musste er ein Konzert in Besançon abbrechen. Nach einer kurzen Erholungspause kehrte er an den Flügel zurück und verabschiedete sich vom wartenden Publikum mit dem Bach-Choral. Es war ein endgültiger Abschied. Dinu Lipatti verstarb zweieinhalb Monate später. Sein Förderer und Produzent Walter Legge sagte von ihm: «Gott lieh der Welt Sein erwähltes Instrument, das wir für einen viel zu kurzen Zeitraum Dinu Lipatti nannten.»
Die Aufnahme, die hier zu hören ist, entstand im Jahr 1947 mit Dinu Lipatti am Klavier.