Spezial 11. Dezember 2020, von Marius Schären

Zärtlich, komisch, aufrüttelnd: Quintessenz einer Filmikone

Adventskalender 11

Ein Kaleidoskop von Episoden im Leben eines 16-Jährigen: Das ist «Amarcord». Regisseur Federico Fellini feiert das Leben mit seinem eigenen Rimini der Erinnerungen.

Federico Fellini ist für Filmaffine ein schwergewichtiger Name. Doch wer den Regisseur noch nicht kennt, sollte sich «Amarcord» anschauen – und zwar im Kino, wenn er dereinst wieder irgendwo gezeigt werden sollte. Dann: gehen Sie hin! Denn es ist ein Film übers Füllhorn namens Leben.

Und «Amarcord» kann durchaus als Quintessenz von Fellinis filmischen Arbeit bezeichnet werden. Ein zärtlicher, komischer, aufrüttelnder, kritischer, berührender Film der Erinnerungen, der das Leben in seiner verrückt-schönen Vielfalt ehrt und zugleich Kritik übt an politischen Verfehlungen des früheren 20. Jahrhunderts.

Eintritt in eine poetische Realität

Wie ein Magier lässt einen der Regisseur in seine Welt eintreten. Von Beginn schwankt man zwischen dem erstaunten Betrachten einer poetischen Erzählung und dem Wiedererkennen eigener Erlebnisse in handfester Realität. Das hat einen guten Grund: Der Titel des Werks von 1973 bedeutet «Ich erinnere mich» – «A m’arcord» im Dialekt von Rimini. Und Federico Fellini erzählt mit dem opulenten Werk aus seiner Jugendzeit – den faschistischen 1930er Jahren – in seiner Heimtstadt an der Adria.

Wie es bei Erinnerungen oft vorkommt, hat auch der Film keine durchgehend stringente Handlung. Viel mehr entspannt sich ein Bilder- und Klangbogen, ein Kaleidoskop von Episoden im Leben der Hauptrolle, des 16-jährigen Titta. Es geht um die Frühlingsfeier auf der Piazza mit allen wichtigen Personen des Films; um die städtische Schönheit, die Schule, die Kirche, die Familie, die Arbeit des Vaters auf der Baustelle am Meer, einen vorbeiziehenden Ozeandampfer, das Erwachen der Sexualität, die Faschisten, Gesundsein und Krankheit, Tod und Hochzeit.

Karikaturen, wie sie leiben und leben

In der Konzentration all dieser Szenen wirkt so manches überdreht – wie nicht selten in Filmen Fellinis. Doch mit Blick ins eigene wirkliche Leben sind doch an allen Ecken und Enden immer wieder höchst erstaunliche und faszinierende Personen und Ereignisse zu finden, die bei näherem Betrachten fast wie Karikaturen erscheinen – oder?

Und falls nicht: Man kann «Amarcord» auch einfach so geniessen. Er hat übrigens diverse Preise gewonnen, u.a. einen Oscar als bester fremdsprachiger Film 1975.

Der «reformiert.»-Adventskalender 2020

Anregendes, Schönes und Überraschendes finden Sie im diesjährigen Adventskalender. In der Dezember-Ausgabe der Zeitung erscheint auf einer Seite eine handverlesene Auswahl von kleinen Appetitmachern in Text und Bild – für jeden Tag im Dezember bis zu Weihnachten. Diese Häppchen können sich auf ein Lied beziehen, ein Buch, ein Objekt, eine Tätigkeit, etwas Kulinarisches oder etwas zum Schauen.

Hier können Sie das PDF der Zeitungsseite herunterladen.

Auf der Website erfolgt jeweils die Auflösung: Jeden Tag öffnet sich ein neues Türchen, in dem wir die ausgewählte Kostbarkeit mitsamt ihrer Geschichte präsentieren. Sie finden die Türchen immer hinter der URL reformiert.info/advent1, /advent2, /advent3 und so weiter. Lassen Sie sich überraschen und inspirieren!

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