Die Evangelisch-kirchliche Fraktion (EKF) sieht sich nach den Wahlen im Frühling stark genug, um einen zweiten Sitz im Kirchenrat zu beanspruchen. Sie gewann sieben Sitze hinzu und stellt 32 Synodale. Voraussichtlich wird sie nach den Liberalen die zweitstärkste Kraft im Parlament. Dahinter dürften die Religiös-soziale Fraktion (RSF) und der Synodalverein folgen.
Die Karten werden neu gemischt
Die Evangelisch-kirchliche Fraktion beansprucht zwei Sitze im Kirchenrat der Zürcher Landeskirche. Sie beruft sich auf die Kräfteverhältnisse in der neu zusammengesetzten Synode.
Genug lange gewartet
Neben Bruno Kleeb, der seit 2021 in der Exekutive der Zürcher Landeskirche sitzt, schickt die EKF nun Franco Sorbara (51) ins Rennen. Damit stellt der pietistische Flügel im Kirchenparlament erstmals einen Theologen als Kandidaten auf. Sorbara ist Pfarrer in Zürich-Hirzenbach und seit 2015 in der Synode.
Für EKF-Präsident Christian Meier ist die Lancierung der Kandidatur von Sorbara ein logischer Schritt: «Wir haben uns in den letzten Jahren immer an die Spielregeln der Konkordanz gehalten, das erwarten wir nun auch von den anderen Fraktionen.» Bei der Wahl des Präsidiums möge die Persönlichkeit im Vordergrund stehen. «Bei der Verteilung der Kirchenratssitze geht es in erster Linie darum, die Kräfteverhältnisse abzubilden.»
Eine theologische Stimme
Wichtig ist für Meier, dass die EKF mit einem Theologen im Kirchenrat vertreten ist. «Wir wollen nicht unsere Theologie durchsetzen, aber wir möchten uns ins theologische Gespräch einbringen.»
Von den Bisherigen treten Margrit Hugentobler (Synodalverein) und Katharina Kull (Liberale) ebenfalls an. Die RSF hat Eva Schwendimann nominiert, um den Sitz von Bernhard Egg, der bereits seinen Rücktritt angekündigt hat, zu verteidigen.
Komplizierte Ausgangslage
Neben Amtsinhaber Michel Müller vom Synodalverein streben auch Esther Straub (Religiös-soziale) und Sabrina Müller (Liberale) das Präsidium an. Sie alle stehen allerdings nur für das Vollamt zur Verfügung, weshalb nach dieser Wahl zwei Sitze vakant sein werden.
Zudem hat sich Andrea Bianca zur erneuten Kandidatur entschlossen. Er sitzt seit 2007 im Kirchenrat. Die Liberale Fraktion hatte den Pfarrer aus Küsnacht nicht mehr aufgestellt.
Von liberal zu fraktionslos
Bianca glaubt nicht, dass seine Kandidatur, die bisher von keiner Fraktion unterstützt wird, die ohnehin knifflige Ausgangslage weiter verkompliziert: «Unruhe in den Wahlkampf bringt weniger meine Kandidatur, als vielmehr der Anspruch der EKF auf einen zweiten Sitz.» Als Brückenbauer ohne Fraktion könne er einen Ausgleich schaffen und «in einer herausfordernden Amtsperiode zur Funktionalität beitragen».
Der Küsnachter Pfarrer war 16 Jahre lang von der Liberalen Fraktion unterstützt worden. Auch im Pfarramt hat er sich als liberaler Theologe profiliert. Nun betont er, nicht «unter dem Deckmantel der Fraktionslosigkeit» zu kandidieren. Liberal sei er lediglich in dem Sinn, dass er sich «an den Bedürfnissen der Menschen orientiere und die Sprache und die Rituale für sie anschlussfähig machen» wollte.
Die Synode wählt den Kirchenrat und das Präsidium am 21. November. Am 6. September findet in der Kirche St. Peter um 19 Uhr eine öffentliche Podiumsdiskussion mit allen Kandidatinnen und Kandidaten statt.