Esther Straub tritt an

Kirchenpolitik

Pfarrerin Esther Straub kandidiert für das Präsidium des Zürcher Kirchenrats. Sie tritt gegen Michel Müller an, der seit 2011 Präsident ist und es noch zwei Jahre bleiben möchte.

Die Pfarrerin und Kirchenrätin Esther Straub kandidiert für das Kirchenratspräsidium der reformierten Landeskirche des Kantons Zürich. Die 53-Jährige wäre die erste Frau in diesem Amt. Die Religiös-soziale Fraktion hat ihre Kandidatur am 2. März einstimmig beschlossen. 

Bereits bereit

Damit greift Straub den amtierenden Präsidenten Michel Müller vom Synodalverein an, der seit 2011 im Amt ist und seine Kandidatur auch damit begründete, «einen guten Übergang gewährleisten und wichtige Geschäfte abschliessen» zu wollen. Nach zwei Jahren wolle er dann zurücktreten. Damit gewinne das Kirchenparlament Zeit, geeignete Personen für seine Nachfolge aufzubauen, womit ein «transparenter Wahlkampf» möglich werde.

Zumindest die Religiös-soziale Fraktion benötigt diese Zeit nicht. «Bräuchte die Kirche tatsächlich einen Übergangspräsidenten, wäre das ein Armutszeugnis für die Institution», sagt Straub. Zudem könne die Synode Exekutivmitglieder nur für vier Jahre wählen. 

Ohne Angst vor einem Wahlkampf

Einer möglichen weiteren Kandidatur aus den Reihen der liberalen Fraktion sieht Straub gelassen entgegen: «Es ist gut, wenn es eine Auswahl gibt, und die Synode jene Person wählen kann, der sie das Amt am ehesten zutraut.»

Müllers Vorgänger Ruedi Reich gehörte ebenfalls der Religiös-sozialen Fraktion an. Von einem Vorrecht der Liberalen will Straub trotzdem nichts wissen. «Bereits bei den letzten Wahlen gab es keinen Turnus unter den Fraktionen, und Präsidiumswahlen sind ohnehin Persönlichkeitswahlen.»

Kirche und Politik

Sich selbst traut sich Straub das Präsidium selbstredend zu. Die promovierte Theologin verweist auf ihre langjährige Erfahrung im Pfarramt, seit acht Jahren ist sie zudem Mitglied des Kirchenrats. Von 2006 bis 2015 sass die Sozialdemokratin im Zürcher Stadtparlament, seit acht Jahren politisiert sie im Kantonsrat. «Ich bin mit politischen Prozessen vertraut und über die Parteigrenzen hinweg sehr gut vernetzt», sagt sie. 

Als Nachteil sieht Esther Straub ihre politische Karriere und Parteizugehörigkeit keineswegs. «Jeder Mensch hat eine politische Position, bei mir wissen die Leute wenigstens, wo ich stehe.» Als Kirchenratspräsidentin werde sie freilich keine Parteipolitik betreiben. «Ich würde mich ganz dem Kirchenrat als Kollegium und der reformierten Kirche verpflichtet fühlen.» Auch als Pfarrerin habe sie immer klar zwischen Partei und Kirche getrennt.

Zukunftsfähige Tradition

In ihrer Programmatik setzt Straub darauf, das Milizsystem in der Kirche zu stärken und eine Zentralisierung der Organisation zu vermeiden. Die durch Fusionen grösser gewordenen Kirchgemeinden hätten genug neues Gestaltungspotential, das es nun auszuschöpfen gelte. Zudem sei das Zusammenspiel von gewählten Behörden und professionellen Mitarbeitenden ein progressives Erfolgsmodell: «Moderne Organisationen und Unternehmen organisieren sich zunehmend holokratisch und setzen damit auf Rollen statt Hierarchien, die reformierte Kirche tut das schon lange.»

Straub fordert dazu auf, «einen neuen Blick zu trainieren»: Statt gebannt auf die Austrittszahlen zu starren, gelte es auf die vielen Menschen zu fokussieren, die noch immer Mitglied seien und sich engagieren wollten. 

Ein Sitz vakant

Die Kirchenratswahl findet im Oktober statt. Bis dahin wird das Kirchenparlament neu zusammengesetzt sein, denn am 12. März wählen die reformierten Stimmberechtigten die Synode. Zur Disposition steht im Herbst der zweite Sitz der Religiös-sozialen Fraktion. Bernhard Egg wird nicht mehr antreten. Wen die Fraktion für seine Nachfolge ins Rennen schickt, ist noch offen.

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