Wo sehen Sie den grössten Reformbedarf vor dem
Hintergrund der Kirchenaustritte? Wie müsste sich die Kirche künftig
positionieren?Die Kirche tut sich keinen Gefallen, wenn
sie ihre Wurzeln verleugnet. Wir dürfen selbstbewusst sagen, was unsere Werte
sind und wofür wir einstehen. Was man kann und auch soll ist, neue Wege und
Formate zu finden, in welchen man über den Glauben und Gott diskutieren kann.
Auch Digitale Formate oder TV-Sendungen haben ihren Platz. Gleichzeitig ist es
aber auch wichtig, dass man die Basisarbeit gut macht.
Woran denken Sie vor allem?
Zum Beispiel an die Religionspädagogik. Mein Ressort ist ja
Bildung und Theologie. Es ist wichtig, dass wir gute Katechetinnen und Katecheten
haben, die ihren Job gut und gern ausüben, sodass die Kinder gern in den
Religionsunterricht gehen. Und dort eben auch die Geschichten des Alten und
Neuen Testaments kennenlernen, die erläutern, wie unsere Welt aufgebaut ist und
funktioniert. Natürlich müssen wir auch die Eltern überzeugen, damit wir
möglichst wenige aus der nächsten Generation verlieren.
Wo sehen Sie da Handlungsbedarf? Das religionspädagogische
Konzept wurde ja erst gerade aktualisiert.
Eine Studie hat kürzlich bestätigt, dass die Katechetinnen
und Katecheten wirklich gute Arbeit machen. Ich will mich dafür einsetzen, dass
sie möglichst gute Bedingungen haben. Sie müssen ihre Stunden am Rand des
Stundenplans abhalten. Meist haben sie deshalb nur kleine Pensen und springen
zu früh wieder ab. Wir müssen das Berufsbild und die Anstellungsbedingungen attraktiver machen.
Viele Eltern fühlen sich überfordert damit, ihre Kinder –
neben immer höheren schulischen Anforderungen, Sport, Musikunterricht usw. – auch
noch dazu zu verpflichten, regelmässig "freiwillig" in den
Religionsunterricht zu gehen.
Es ist ja trotzdem ein Fach ohne Notendruck, das
gemeinschaftliche Erlebnis steht im Vordergrund. Auch bei der Konfirmation gibt
es Freiraum für individuelle Lösungen. Etwa, wenn sich ein Jugendlicher zwei
Jahre davor dazu entscheidet, obwohl er nie im Religionsunterricht war. Aber
natürlich ist es schon auch wichtig, dass die Eltern eine klare Haltung haben
und ihren Kindern früh zu verstehen geben, dass sie den Unterricht in Religion
für eine nützliche und sinnvolle Sache halten.