Frau Kull-Benz, Sie sind seit 2015 im Kirchenrat und werden nächstes Jahr 70. In diesem Alter sind viele längst im Ruhestand. Was reizt Sie an einer erneuten Kandidatur?
Ich bin noch immer in Stiftungen und Gremien aktiv, habe aufgrund meiner früheren politischen Arbeit ein gutes Netzwerk. Davon profitiert die Kirche sehr. Hätte ich dieses Netzwerk nicht mehr, wäre eine erneute Kandidatur nicht gerechtfertigt. Entscheidend ist für mich aber auch, dass mich meine Fraktion gebeten hat, weiterzumachen. Und dass viele Herausforderungen auf uns zukommen, für die wir Lösungen suchen müssen. Daran möchte ich mich beteiligen.
Wo sehen Sie die grossen Herausforderungen?
Im gesellschaftlichen Wandel, der Individualisierung und der Digitalisierung zum Beispiel. Aber natürlich geht es auch um finanzielle Einbussen, die auf uns zukommen. Dafür gilt es, in meinem Ressort die richtigen Weichen zu stellen. Massnahmen rechtzeitig anzupacken, damit kirchliches Leben erhalten bleibt, auch unter veränderten Rahmenbedingungen. Die Kirche soll langfristig ihre Leistungen für die Gesellschaft erbringen können.
Finanziell geht es der Landeskirche noch immer gut. Nicht einmal während der Corona-Pandemie kam es zu grossen Einbussen.
Das stimmt. Zwar sanken die Nettosteuereinnahmen 2021 erstmals minim aber 2022 waren es noch immer knapp 230 Millionen Franken.
Unter ihrer Ägide hat die Landeskirche recht viel Eigenkapital aufgebaut. Das sorgte immer wieder für Kritik in der Synode.
Es wurde zumindest in Frage gestellt. Dass wir dennoch Eigenkapital aufgebaut haben, liegt daran, dass die Pfarrpersonen bei der Landeskirche angestellt sind. Um sicherzustellen, dass der Betrieb für mindestens sechs Monate gewährleistet ist, wenn die Landeskirche einmal in die Bredouille gerät, soll die Höhe des Nettovermögens 60 Millionen Franken betragen. Ein höheres Nettovermögen soll über 5 Jahre reduziert werden. . Um etwas abzubauen, sollen nun zwei Kredite nicht ausgeglichen werden. Das Budget wird 2024 also leicht negativ sein.