Dieses Bildwort bekam einer zu hören, der Jesus nachfolgen wollte. Die Antwort klingt, als ob Jesus falsche Hoffnungen und Bedürfnisse ausräumen wollte. Er stellte klar, dass der Weg mit ihm nicht Gemütlichkeit versprach, kein wohliges Einkuscheln an geschütztem Ort. Denn unsereins – so lässt sich hier Jesu Verwendung des Begriffs «Menschensohn» am treffendsten übersetzen – hat nirgendwo vertraute Zonen zum Niederlassen oder gar für den Nestbau. Wer also dazugehören wollte, weil ihn die neue Wanderbewegung der Jesusleute beeindruckte, wurde mit der Radikalität dieser Entscheidung konfrontiert. Dazugehören hiess, ungeborgen und rastlos unterwegs zu sein. Soweit die verbreitete Auslegungspraxis. Weil Jesus andernorts zur Sorglosigkeit im Hier und Heute aufrief, könnte dieser Ausspruch aber auch ganz anders gemeint sein: Brich auf, verlass den gepolsterten Käfig, wage dich hinaus! Das Leben ist sowieso ein grosses Wandern und Wandeln ohne «bleibende Statt» (Hebr 13,14). Die dunkle, warme Höhle ist allenfalls für Säuglinge ein stimmiger Ort. Wer sich bis ins Erwachsenenalter darin aufhalten will, klammert sich an falsche Sicherheit und verfehlt das reife Leben. Für Jesus bedeutete die Ungewissheit keinen Verlust, sie entsprach seiner Ausrichtung auf die bereits erfahrbare Präsenz Gottes. Und dahinein, in diesen Himmel, wollte er durchaus immer tiefere Wurzeln schlagen. Im Thomasevangelium, das aus 114 Aussprüchen Jesu besteht, findet sich obiges Zitat ebenfalls (Logion 86). Und Logion 42 fordert in Kürzestform dazu auf: «Werdet Vorübergehende.» Gewiss meinte auch diese knappe spirituelle Handlungsanweisung kein beklagenswertes Schicksal, sondern ermutigte zu einem freien, absichtslosen und im besten Sinn erwartungsoffenen Dasein. Viele haben diese Aufforderung seither weitergetragen, etwa der philosophische Dominikaner Meister Eckhart (1260 –1328) mit seinem «Lass los» oder der jüdisch-orthodox geprägte Psychologe Erich Fromm (1900–1980) mit seiner Alternative «Haben oder Sein». Unsereins hat nichts, wo er seinen Kopf hinlegen könnte – mit diesem Spruch schlug Jesus sich einmal mehr auf die Seite der Obdachlosen, Unbe-hausten, der Pilger und Migranten. Zu-mutung pur für alle, die ihr Leben «stationär» verstehen und nicht als «Durchreise». Marianne Vogel Kopp
Meinung 26. April 2017, von Marianne Vogel Kopp
Der Mensch kann seinen Kopf nirgends hinlegen (Lk 9,58)
Jesus hat das Wort
Die Füchse haben Höhlen und die Vögel Nester. Der Mensch aber hat nichts, wo er seinen Kopf hinlegen könnte.

Zur Kolumne
Jesus lebte und verkündete das «Reich Gottes», die Welt, wie sie sein kann und soll. Er wollte gehört, nicht geglaubt werden. Seine Botschaft vom Heil für alle lässt bis heute aufhorchen. «reformiert.» zitiert Jesusworte und denkt darüber nach.