Sie lancierten nach dem Entscheid der Synode gleich die Nightchurch. Warum setzen Sie die Idee nicht in Küsnacht um, wo Sie Pfarrer sind?
Die Nightchurch ist mehr als ein lokales Projekt. Kirchgemeinschaften müssen über Gemeindegrenzen hinaus wirken. Die Anlässe der Nightchurch könnten in verschiedenen Städten stattfinden. Und insbesondere Männer suchen eher nach dem Feierabend Gemeinschaft und Spiritualität. Es fällt ihnen leichter, bei einem Bier oder einem Glas Wein über Glaubensfragen zu sprechen.
Für einen Stammtisch, an dem über Gott und die Welt diskutiert wird, braucht es doch die Kirche nicht.
Stimmt. Geselligkeit oder auch diakonisches Engagement allein reichen nicht aus. In einer Kirchgemeinde ist das anders. Da kann ich getrost ein Projekt in der Männerarbeit oder in der Flüchtlingshilfe aufziehen, ohne dass der Glaube explizit thematisiert wird. Verkündigung und Bibelarbeit werden durch andere Angebote abgedeckt.
Was macht eine Gemeinschaft wie die Nightchurch denn zur Kirche?
Bei aller Innovationsfreude bin ich da konservativ: In der Kirche geht es um Gott. Diesen Anspruch müssen Kirchgemeinschaften einlösen.
Was passiert, wenn eine Kirchgemeinde eine neu entstehende Gemeinschaft als Konkurrenz sieht?
Eine Gemeinschaft kann Konkurrenz oder Bereicherung sein. Bisher ist es so, dass eine Idee gestorben ist, wenn sie in einer Gemeinde nicht realisiert werden kann. Nun öffnet die Landeskirche eine Tür, indem sie sagt: «Probiert eure Idee aus, zeigt, dass es euch braucht.»
Mit dem Mut zum Scheitern?
Ganz genau. Was sich bewährt, erhält Unterstützung. Wer es nicht schafft, hat es wenigstens versucht.
Und wenn es gelingt, wächst die Kirche, statt zu schrumpfen?
Ohne den Glauben, dass Wachstum möglich ist, können wir nicht Kirche sein. Wachstum bedeutet, dass wir Menschen neu von der Art, wie wir in der reformierten Kirche den Glauben an Gott leben, überzeugen können. Daher müssen neue Kirchgemeinschaften jene grosse Mehrheit der Mitglieder im Blick haben, welche die Kirche mit ihren Angeboten heute nicht erreicht.
Vielleicht ist diesen Mitgliedern aber ganz wohl in der Distanz.
Und diese Form der stillen Verbundenheit müssen wir nicht nur akzeptieren, sondern wertschätzen. Trotzdem glaube ich, dass es Leute gibt, die an Gemeinschaft und Spiritualität interessiert wären, sich aber bisher nicht abgeholt fühlten.