Ein Ja unter Vorbehalt

Strukturreform

Die Synode stellt zwar kritische Fragen, doch sie stellt sich hinter die ambitionierten Reformpläne des Kirchenrats. Die Gemeinden sollen sich fusionieren.

Die Synode hat am 5. Juli den ergänzenden Bericht des Kirchenrats beraten, den dieser im Mai vorgelegt hatte, nachdem die Synode im November 2015 seinen ersten Bericht zurückgewiesen hatte, weil sie mehr Klarheit forderte. Der Kirchenrat hat in der Folge 16 Fragen beantwortet und einen Reformplan ausgearbeitet. Auf diesem Plan zeigte er auf, wie er sich im einzelnen die Reduktion von heute 174 auf 39 Kirchgemeinden im Kanton Zürich vorstellt und welche Kirchgemeinde sich mit welchen andern zusammenschliessen soll. Diesen Plan stellte der Kirchenrat ausdrücklich als Entwurf vor; die Kirchgemeinden sollen sich dazu in der Vernehmlassung ab September äussern.

In der Debatte strich Urs-Christoph Dieterle, Präsident der vorberatenden Kommission, vor der Synode heraus, die Kommission unterstütze grundsätzlich die vom Kirchenrat aufgezeigte Marschrichtung und den Fahrplan. Doch sei sie nicht damit einverstanden, dass nur Fusionen zwischen Kirchgemeinden vorgesehen seien. «Fusionen dürfen nicht zum Selbstzweck werden. Warum sollen nicht andere Formen der Zusammenarbeit möglich sein?» Die Synode solle daher den Bericht nicht zustimmend, sondern bloss zur Kenntnis nehmen.

Hans Peter Murbach, Präsident der Geschäftsprüfungskommission, sprach von einer «kohärenten und überzeugenden Vorlage». Mit dem Vorlegen des Reformplans sorge der Kirchenrat dafür, dass sich nun wirklich alle Kirchgemeinden mit dem Thema Kirchgemeindeplus auseinandersetzen müssten. Der Prozess müsse weitergehen. Es dürfe keine Zeit vergeudet werden.

Ohne Druck. Auch die vier Fraktionen stellten sich weitgehend hinter den Bericht des Kirchenrats, brachten allerdings manche Vorbehalte vor. Vom Synodalverein hiess es, die neuen Strukturen würden Ortsgrenzen öffnen und neue Angebote für eine breite Palette an kirchlichen Lebenswelten ermöglichen. Die Liberale Fraktion betonte, verstärkte Zusammenarbeit sei ein Muss, doch wolle man sich in der Fraktion nicht auf eine einzige Organisationsform festlegen, sondern möchte es den einzelnen Kirchgemeinden überlassen, welche Form sie wählen möchten.

Die Religiös-Soziale Fraktion warnte den Kirchenrat davor, zu grossen Druck auf die Kirchgemeinden auszuüben. «Kirchgemeindeplus darf nicht unter Androhung vorangetrieben werden», meinte Manuel Amstutz (Zürich, Industriequartier). «Lösungen müssen demokratisch gefunden werden.»

Die Evangelisch-kirchliche Fraktion sprach sich dafür aus, nun erst mal mit den im Flaachtal und Wehntal Erfahrungen zu sammeln und diese auszuwerten. Willi Honegger (Bauma) vermisste eine vertiefte theologische und geistliche Diskussion. Sein Antrag, nicht auf den Bericht einzutreten, lehnte die Synode mit 91:13 Stimmen ab. 

Daniel Reuter hielt fest, der Kirchenrat halte Zusammenschlüsse für die beste der möglichen Lösungen. Von Fusionszwang könne keine Rede sein. In dem Vernehmlassungsverfahren, das von September 2016 bis Januar 2017 dauern wird, könnten und sollen die Kirchgemeinden ihre Meinung zum Reformplan klar und unmissverständlich äussern. Etwa, wenn sie sich mit andern Kirchgemeinden zusammenschliessen möchten als vom Kirchenrat vorgeschlagen. Zudem habe der Kirchenrat Zeitdruck weggenommen - Kirchgemeinden haben neu die Möglichkeit, sich statt bis ins Jahr 2019 bis 2023 zusammenzuschliessen. Dem Kirchenrat ist - Stichwort «Keiner bleibt allein» – gemäss Reuter daran gelegen, dass finanziell unattraktivere Kirchgemeinden nicht «am Wege liegen bleiben». Es brauche daher ein «Mindestmass an Solidarität».

Wandel ist kein Drama. In der Diskussion äusserten die Synodalen einige Vorbehalte. Fehlende theologische Inhalte wurden beklagt, weswegen Kirchgemeindeplus als reine Struktur- und Verwaltungsreform daherkomme, statt dass die Chance genützt werde, die Kirche neu zu denken. Ein Votant fand, nicht fusionswillige Kirchgemeinden dürften nicht unter Druck gesetzt werden, Zusammenschlüsse müssten aus Einsicht erfolgen, nicht auf Druck hin. Kirchenratspräsident Michel Müller versuchte, Ängste vor Zusammenschlüssen abzubauen. Es habe in den vergangenen 500 Jahren schon grössere Kirchgemeinden gegeben als heute. «Es ist nicht dramatisch, wenn sich Kirchgemeinden wandeln und verändern, das gab es schon immer.»

Am Ende nahm die Synode mit 93:2 Stimmen Kenntnis vom Bericht und Reformplan des Kirchenrats, fügte aber den Antrag der vorberatenden Kommission hinzu, das Vernehmlassungsverfahren bei den Kirchgemeinden auch über «denkbare Organisationsformen», sprich Zusammenarbeitsmodelle, durchzuführen.