Mindestens eine halbe Pfarrstelle für alle

Kirchenpolitik

Das Zürcher Kirchenparlament ringt darum, wie die Interessen der kleinen Gemeinden auch in Zeiten der grossen Strukturreform Rechnung getragen werden kann.

Die Artikel 116, 117 und 118 der überarbeiteten Kirchenordnung hatten es in sich. Hier wird definiert, wie viele Pfarrstellen die Gemeinden ab 2024 zugesprochen erhalten. Der Kirchenrat will das System der Ergänzungspfarrstellen abschaffen. Für 200 Mitglieder stehen neu zehn Stellenprozent zur Verfügung.

Eine Lenkungsmassnahme. Zusätzliche Stellen gehen an Kirchgemeinden, die grösser sind als 2000 Mitglieder. Für Kirchenratspräsident Michel Müller ist diese Regelung eine «Lenkungsmassnahme». Gemeinden in dieser Grösse seien in der Lage, langfristig selbständig zu bleiben. «Sie können ihre Probleme selbst lösen und müssen nicht ständig die Landeskirche anrufen», sagte Müller.

In einer dritten Runde stehen dann noch Stellenprozente zur Verfügung, welche die Synode auf Antrag des Kirchenrats für Projekte, Initiativen und Härtefälle vergeben kann. Bisher standen zusätzlich zu den ordentlichen Pfarrstellen 42 Ergänzungsstellen zur Verfügung. Rund 100 Gesuche aus den Gemeinden gehen beim Kirchenrat jeweils dafür ein.

Ein knapper Sieg. Für den Kirchenrat ist das neue System berechenbar und fair. «Gleichheit ist nicht gleich Gerechtigkeit», mahnte jedoch Theddy Probst (Wildberg). Seinen Appell, «Lösungen für kleine Gemeinden anzubieten», untermauerte er mit einem Antrag, für Gemeinden mit weniger als 450 Mitgliedern trotz des neuen Verteilschlüssels 40 Pfarrstellenprozent zur Verfügung zu stellen.

Den Antrag brachte Probst zwar mit nur fünf Stimmen Unterschied in der Abstimmung über Artikel 117 nicht durch, doch die Evangelisch-kirchliche Fraktion erhielt Unterstützung von der Gegenseite: Lukas Maurer (Rüti) von den Religiös-Sozialen brachte den einzigen der zahlreichen Änderungsanträge durch: Jede Kirchgemeinde erhält mindestens 50 Stellenprozent. Der Entscheid fiel mit 48 zu 46 Stimmen bei 5 Enthaltungen denkbar knapp.

Zugeständnis an die kleinen Gemeinden. Mit dem Sockel, den die Synode bei den Pfarrstellen eingebaut hat, will sie kleinen Gemeinden entgegen kommen und sie nicht via Stellenplan zu Fusionen zwingen. Die Änderung an der vom Kirchenrat vorgelegten Revision war das Resultat einer emotional geführten Debatte. Die eine Seite warnte, kleine und lebendige Gemeinden ohne Not zu gefährden. Die andere Seite rief dazu auf, Kleinststrukturen nicht zu konservieren.

Die Beratung der Kirchenordnung wird im Mai fortgesetzt. Im Herbst ist die Volksabstimmung über die revidierte Kirchenordnung vorgesehen. Die Aufhebung des Artikels 118 war nach diesen Entscheiden dann freilich unbestritten. Hier waren die Ergänzungspfarrstellen geregelt, die nun wegfallen.