Recherche 09. Dezember 2019, von Felix Reich

Gegen Diskriminierung

Synode

Die Winterthurer Fabrikkirche erhält kein Geld mehr von der Landeskirche. Der Kirchenrat definiert die Gewissensfreiheit der Pfarrpersonen.

Zuerst fand Bernhard Egg in der Synode vom 26. November nette Worte für die Fabrikkirche. «Was dort geleistet wird, verdient Anerkennung.» Doch bald folgten die Aber. Bezüglich Struktur, Finanzen und Leistungsziele seien zu viele Fragen offen. «Wir lösen nur Beiträge aus, wenn wir auch wissen, wofür.»

Zwei Stimmen entscheiden

Hans-Martin Aeppli (Winterthur) wollte in der Budgetdebatte verhindern, dass der Fabrikkirche 160 000 Franken gestrichen werden. Nach Turbulenzen hat sie eine neue Leitung. Matthias Dübendorfer (Herrliberg) warnte: «Es wäre ­eine Schande, die Fabrikkirche abzuwürgen.» Manuel Amstutz (Zürich) hingegen mahnte, Probleme könnten «nicht mit Geld gelöst werden».

Die Fabrikkirche sei eine Mischung aus Gottesdienstlabor, Zentrumskirche und Diakonie, sagte Egg. «Solche Angebote gibt es in vielen Gemeinden ohne Geld der Landeskirche.» Die 2003 gegründete Fabrikkirche war auf dem Industrieareal Sulzer zu Hause, zog vor zwei Jahren in das Restaurant Akazie.  Aepplis Antrag scheiterte mit 48 Ja zu 50 Nein bei 10 Enthaltungen.

Entlastung für Kirchgemeinden

Knapp scheiterte die religiös-soziale Fraktion mit dem Antrag, den Zentralkassenbeitrag nicht anzutasten. Bei vier Enthaltungen entschieden fünf Stimmen. In den eigenen Reihen sassen just fünf Abweichler. Nun sinkt der Beitrag, den Kirchgemeinden an die Landeskirche abliefern müssen, von 3,2 auf 3,1 Punkte.

Budgetiert wird ein Minus von 3,5 Millionen. In den letzten Jahren hatte die Kirche ihr Eigenkapital ausgebaut. «Steuereinzug auf Vorrat ist unerwünscht», erklärte  der Finanzkommissionspräsident Gerhard Hubmann (Forch).  Mit 96 Ja zu 8 Nein bei 5 Enthaltungen wurde das Budget 2020 verabschiedet.

Die Grenzen der Freiheit

In der Fragestunde definierte Kirchenrat Andrea Bianca die Gewissensfreiheit, die Pfarrpersonen bei Trauungen gleichgeschlechtlicher Paare zugestanden werden soll. Die Kirchenordnung spreche freilich nicht von einer Freiheit, sondern ­einer Not: «Pfarrerinnen und Pfarrer können eine Amtshandlung, die sie in Gewissensnot bringt, nach Rücksprache mit der Dekanin oder dem Dekan ablehnen.» Sie stehen in der Pflicht, einen Ersatz zu finden.

Auch die Freiheit in der Verkündigung sei an den «Gehorsam gegen Jesus Christus» und das Ordina­tionsgelübde, das theologische Verantwortung einfordert, gebunden, sagte Bianca. Pfarrpersonen, welche die Ehe für alle ablehnen, seien somit verpflichtet, sich gegenüber homosexuellen Menschen «respekt- und würdevoll» zu verhalten.

Der Kirchenrat distanziere sich «in aller Deutlichkeit von Mitarbeitenden und Behördenmitgliedern, die sich in diffamierender und diskriminierender Weise über homosexuelle Menschen äussern», antwortete Kirchenratspräsident Michel Müller auf eine Anfrage von Daniel Oswald (Mönchaltorf) zum «Wording im Rahmen der öffentlichen Debatte um Ehe für alle». Wenn nötig, behalte er sich aufsichts- oder personalrechtliche Massnahmen vor.

Die Stellungnahme von Kirchenratspräsident Michel Müller im Wortlaut