Mutiger sein und genauer hinhören

Synode

An der Aussprachesynode sahen sich die Vertreter der vier Fraktionen im Kirchenparlament mit unbequemen Fragen konfrontiert.

Eine Kirche, die zum Anhängsel des Ortsmuseums verkommt, oder eine Kirche, die vor lauter Bestreben, die Massen zu erreichen, kaum noch Mut zum Widerspruch zeigt, oder ein Zerfallen der Institution Landeskirche in kleine Gemeinden mit freikirchlichem Charakter: Das sind die Albträume einzelner Zürcher Synodenvertreter. 

An einer Podiumsdiskussion der Aussprachesynode vom 11. September unter dem Titel «Mit dem Reformationsjubiläum in die Zukunft» ging es vor allem um Fragen zur gesellschaftlichen Bedeutung der Kirche heute und zu ihrer Entwicklung in Zeiten von Mitgliederschwund und Strukturreform. 

Die moderierende Professorin Christina Aus der Au vom Zentrum für Kirchenentwicklung an der Universität Zürich stellte im St. Peter teils unbequeme Fragen, wie jene nach dem schlimmsten Zukunftszenario. Die Diskussion bestimmteein eher selbstkritischer Grundton der vier Fraktionsvertreter. Von der religiös-sozialen Fraktion war diesManuel Amstutz (Zürich Industriequartier), für die Liberalen sprach Thomas Maurer (Knonau), den Synodalverein vertrat Dieter Graf (Richterswil) und Michael Wiesmann (Uetikon am See) die Evangelisch-kirchliche Fraktion. 

«Schnurren können wir»

Wie sieht die Zukunft der Kirche 500 Jahre nach Zwingli aus? Einig waren sich die Synodalen, dass sie näher zu den Menschen rücken müsse. Dafür brauche es «mehr Mut für neue zukunftsfähige Projekte», selbst wenn eine Idee einmal nicht funktioniere, sagte Graf. Zudem brauche es ein offeneres Ohr für die Kirchenmitglieder. Grundsätzlich sehe er die Gefahr, dass die Kirche manchmal schnell Antworten parat habe, ohne ausreichend zuzuhören, sagte Graf. Auch Wiesmann fragte: «Schnurren können wir, aber wie gut sind wir im Zuhören?» 

Klar sprachen sich die Vertreter aller Fraktionen für die Vielfalt in der Kirche aus. Eine Einheitsgemeinde sei nicht erstrebenswert, so Maurer. Eine kleinere Kirche müsse nicht auch eine schwächere Kirche bedeuten. Die einzelnen Gemeinden müssten auf klare Profile setzen. «Hier ist ein Ort, an dem ein intensives Musikleben gepflegt wird, da ist ein Ort der Seelsorge.» 

Stimmungswandel in der Bevölkerung

Ein geschärftes Profil und ein vielfältiges Kirchenleben erfordern laut Amstutz vor allem Eigeninitiative der Gemeinden. Die Synode gebe den Rahmen vor, die Gemeinden müssten ihn nutzen. Dass die Kirche weiterhin Mut für politische Positionen aufbringen müsse, wie es etwa jüngst Pfarrerinnen und Pfarrer in einem offenen Brief an den Bundesrat taten, in dem sie gegen die Lockerung der Richtlinen für Waffenexporte protestierten – auch darin war sich das Quartett einig. Da zeigt sich das Erbe Zwinglis, der einst das Söldnerwesen anprangerte. Zudem gewinne die Kirche mit Standpunkten zu aktuellen Themen Nähe zur Bevölkerung. 

Dabei könnte ihr ein Stimmungswandel zugute kommen, den Graf bei seiner Seelsorgearbeit beobachtet hat: Er spüre «eine neue Offenheit gegenüber der Kirche und ihren Botschaften.»