Recherche 10. November 2016, von Beat Schlatter

«Auf Eitelkeit können wir nicht verzichten»

Serie

Die Pfarrerin Susanne Sauder spricht im Gespräch mit Schauspieler Beat Schlatter über Kirchenasyl, den Sinn der Eifersucht und Opernkarten für Kirchenbesucher.

Von Zürich fahre ich mit der S14 nach Bonstetten. Die Fahrt ins Grüne dauert exakt vierzehn Minuten. Bei der Einfahrt in den Bahnhof sehe ich die moderne Kirche. Als ich wenige Meter davor stehe, merke ich, dass es die katholische Kirche ist. Mein Smartphone prophezeit mir einen zwanzigminütigen Fussmarsch zur reformierten Kirche. Auf dem Weg komme ich zuerst beim Coiffeur Yvonne Illi vorbei, dann beim Coiffeur Vreni Prati und zuletzt noch in der Schachenstrasse beim Coiffeur Doris. Aha, hier gehen die Leute, bevor sie in die Kirche gehen, also noch zum Coiffeur. Als mich im Kirchgemeindehaus Frau Pfarrerin Su­sanne Sauder mit einer prächtigen, luftig geföhnten Löwenmähne freundlich begrüsst, wundert mich gar nichts mehr.

Jesus sagt: «Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, habt ihr mir getan.» Wenn du an die vielen Flüchtlinge denkst, die Hilfe brauchen und in unser Land wollen: Wie weit soll sich eine Pfarrerin in die Illegalität begeben, um ihnen trotzdem zu helfen?

Susanne Sauder: Wenn sie es tut, muss sie absolut dossierfest sein und wissen, warum ein Flüchtling hier sein will. Ohne alle Hintergründe zu kennen, würde ich mich nie in die Illegalität begeben. Ich würde mich zuerst bei den Asylbehörden erkundigen. Würde ich einfach so Flüchtlinge bei mir im Weinkeller verstecken, würde ich den Fachleuten unterstellen, sie machen ihre Arbeit nicht gut.

Und irgendwann wollen die Flüchtlinge von dem Weinkeller auch an die frische Luft.

Ich habe da auch zu wenig Erfahrung.

Jesus ist für unsere Sünden gestorben. Für was würdest du sterben?

Du meinst, mein Leben hingeben für etwas, das dann wirklich geschieht?

Genau. Ein Tauschgeschäft.

Ich würde mein Leben geben, wenn die Menschen dafür besser miteinander auskommen würden und einander nichts mehr nachtragen würden. Aber sie dürften nie wieder rückfällig werden.

Ein edler Gedanke, doch dein Tod wäre wohl umsonst. Sind die Ursachen der schlimmsten Übel nicht Neid, Eitelkeit und Gier?

Die Krux ist, dass wir auf Eitelkeit nicht verzichten können. Auch Machthunger und Neid sind nicht nur schlecht. Selbst die Eifersucht zwingt uns manchmal zu Anstrengungen, die Gutes bewirken.

Sind die Gottesdienste am Sonntagmorgen eigentlich noch zeitgemäss?

Eine Freundin hat einmal ausgerechnet, dass die Kosten für einen Gottesdienst pro Kopf der Besucher ziemlich genau den Betrag ausmacht, den ein Billett ins Opernhaus kostet. Ich könnte einmal an einem Sonntag vor der geschlossenen Kirche stehen, und jedem Besucher ein Opernhausticket in die Hand drücken.

Zur Wettbewerbsfrage: Welche Kirche im Kanton Zürich hat die meisten Glocken?

Reformiert oder katholisch?

Reformiert. Was interessierst du dich für katholische Glocken?

Da fällt mir ein Witz ein, den ein katholischer Kollege mir erzählte. Warum macht der Priester die letzte Ölung? Dass es nöd giiret, wämmer de Schirm zue tuet.

Den Witz nehme ich ins Repertoire auf. Aber was ist jetzt mit der Wettbewerbsfrage?

Die Pauluskirche in Zürich habe ich als riesig in Erinnerung. Ich tippe darum auf diese Kirche.

Wettbewerb

Hat die Pfarrerin recht oder nicht? Schreiben Sie uns, welche reformierte Kirche im Kanton ZH am meisten Glocken hat: wett­bewerb@reformiert.info oder reformiert.zürich, Preyergasse 13, Postfach, 8022 Zürich.

Zu gewinnen gibt es zwei Tickets 1. Kategorie für das Weihnachtskonzert von «Concentus rivensis» am 16. Dezember in Zürich. Anmeldeschluss: 25. November.

Die Antwort auf die Frage in der Aus­gabe 10.2 lautet: Das Wort Apfel taucht zum ersten Mal im Buch der Sprüche (25,11) auf.