Recherche 14. Januar 2016, von Beat Schlatter

Wie konnte Jesus Wasser in Wein verwandeln?

Serie

Schauspieler Beat Schlatter trifft zum Start seiner Gesprächsserie die Pfarrerin Liv Kägi. Er will von ihr Wissen, wie ein biblisches Wunder funktioniert.

Als ich mit Liv Kägi telefoniere, schliesse ich aus ihrer Art zu sprechen, dass sie eine jüngere Frau sein muss. Am vereinbarten Treffpunkt, ihrer Kirche, bin ich zehn Minuten zu früh. Mich erwartet eine junge Frau. Ich begrüsse sie euphorisch: «Sie sind also Frau Pfarrerin Kägi, genau so habe ich Sie mir vorgestellt.» Nein, sie sei die Assistentin des Fotografen. Pünktlich trifft die echte Pfarrerin ein. Wir gehen ins nahe Restaurant Blume und machen Duzis. Liv Kägi sagt: «Hier drin habe ich gelernt, Bier zu trinken.»

Schade,istesnochzufrühfüreinBier.AberwennwirschonbeimAlkoholsind:JesushatWasserinWeinverwandelt.Istdasmöglich?

Liv Kägi: (überlegt lange) Nein.

Warumhältmantrotzdemdaranfest,dasssolcheWunderpassiertseinsollen?

Dass Wunder nach wie vor möglich sind, wie auch immer diese Wunder für den Menschen aussehen mögen, das glaube ich. Und daran festzuhalten, ist etwas Wertvolles. Und dass wir das Wunder von Jesus Christus auch heute leben.

IchmeintenichtJesus.IchmeintedasFesthaltenanseinenunerklärlichenWundern.

Machen wir das denn?

DassJesusWasserinWeinverwandelte,stehtimmernochinderBibel,auchinAusgaben,dieneuübersetztwurden.

Klar, das haben die Evangelisten auch so erzählt. Es ist Aufgabe von uns Pfarrerinnen, eine Auslegung zu finden, die dem Wunder von damals nahekommt: Dass es mehr als genug hat für alle Menschen und ein Leben mit frohen Festen und gutem Wein für alle möglich sein könnte.

Traustdudirzu,mirineinerPredigtdasGeheimnisvomWeinwunderzuerklären?

Sicher. Ich mag Geheimnisse.

DieKirchewärebestimmtvoll.SämtlichePlätzewärenbesetztvonAlkoholikern.

Keine Ahnung. Wenn ich sie in der Kirche sehe, dann an Beerdigungen.

WeilesamLeidmahlgratisWeingibt?

Nein. Wenn ein Alkoholiker stirbt, kommen meistens viele seiner Freunde.

UmeinenTextvorzutragen,gibtesverschiedeneAusdrucksmöglichkeiten.TäteeuchPfarrernnichtSchauspielunterrichtgut?

Das kommt in unserer Ausbildung vor.

Wirklich?SpieltIhrdieSzeneausHamlet,woderGeistdesVaterszumSohnspricht?

Wir lernen in Kursen mit einem Schauspieler Predigten vortragen. Zugegeben, die Kurse sind kurz. Ich habe früher viel gemalt und denke auch heute viel mit Bildern hinter den Worten. Ich hüte mich vor Worten, die mir nichts bedeuten. Und ich passe auf, dass ich nicht in Routine falle bei Wörtern, die ich oft brauche.

WassindRoutinewörter?DieKollekteistfürdiesesoderjenesHilfswerkbestimmtheute?

Nein, das sind beispielsweise Ausdrücke wie: Gottes Gnade, Gottes Liebe oder Friede sei mit euch.

DieHeiligenderKatholikensindpraktisch.WennichmeinenSchlüsselverliere,undden heiligen Antonius nett anspreche, kommt der Schlüssel meistens nach ein paar Tagen wieder zum Vorschein. Obwohl ich reformiert bin. Warum haben wir keine Heiligen.

Weil wir alle Heilige sind.

UndjetztnochzurWettbewerbsfrage:WievieleSeitenhatdieZürcherBibelvon2007?

Aber halt. Im Neuen Testament beginnt die Seitenzahl doch wieder bei eins.

Stimmt.Also:DasAlteTestament?

1047. Bin ich weit daneben? Ich schaue dann gleich nach.

Wettbewerb

Hat die Pfarrerin recht oder nicht? Wie viele Seiten hat das Alte Testament in der Zürcher Bibel? Schicken Sie Ihre Antwort an wettbewerb@reformiert.info oder an reformiert.zürich, Preyergasse 13, Postfach, 8022 Zürich. Unter den richtigen Antworten wird eine Übernachtung mit Frühstück für zwei Personen im Hotel der Kartause Ittingen verlost. Einsendeschluss: 5. Februar.

Liv Kägi (29)

Die Theologin wurde im August 2015 ordiniert. Liv Kägi gehört zum vierköpfigen Pfarrteam der Kirchgemeinden Schwa­mendingen und Saatlen. Ihre Ergänzungspfarrstelle ist mit siebzig Prozent dotiert. Die Pfarrerin absolvierte das Liceo Artistico und studierte dann in Zürich und Rom Theologie.