Recherche 18. Mai 2016, von Beat Schlatter

«Maria Magdalena ist mir am ähnlichsten»

Serie

Schauspieler Beat Schlatter spricht mit Pfarrer Felix Fankhauser über Maria Magdalena und seinen Töff.

Die evangelisch-reformierte Kirche Zürich-Affoltern ist ein Vorzeigemodell für die Architektur in den 1970er-Jahren. Das Innere der weitläufigen Kirche erinnert an einen grosszügigen Konzertsaal oder an ein Schauspielhaus. Ich setze mich in einen der 450 olivgrünen Ledersessel. Eine angenehme Ruhe kommt über mich. Ich könnte stundenlang hier sitzen bleiben. «Warum erachten wir das Nichtstun als moralische Verfehlung? Warum hat unsere Leistungsgesellschaft eine Unfähigkeit zur Musse hervorgebracht?», frage ich mich und stehe trotzdem pflichtbewusst auf und begebe mich zum vereinbarten Treffpunkt. Ich staune nicht schlecht, als Pfarrer Felix Fankhauser im Lederkombi auf einer GSR 750 Suzuki vorfährt. Wir machen sofort Duzis und umkreisen zwei Mal seinen Töff.

Deine Konfirmanden haben sicher Freude, wenn du mit diesem Töff zur Kirche kommst.

Felix Fankhauser: Auch die Senioren. Ich ha-be mich einmal für ein Foto im Talar auf meine Suzuki gesetzt. Ich vergass, dass in diesem Augenblick der Altersnachmittag zu Ende war. Die Senioren strömten um die Ecke auf mich zu. Ich musste ihnen alles ganz genau erklären, was ich am Töff verändert habe, dass die Suzuki nicht mehr so brav aussieht.

Mit welcher Person in der Bibel hast du die meisten Gemeinsamkeiten?

Da muss ich ein wenig überlegen. Mit Maria Magdalena.

Warum denn das? Weil du heimlich gerne Frauenkleider anziehst?

Nein, nein. Ich kann mich mit Maria Magdalena identifizieren, weil sie Jesus sehr nahe war, aber doch nicht so stark im Rampenlicht stand.

Jemandem in deiner Gemeinde passiert etwas Schlimmes, ein schwerer Unfall, oder eine unheilbare Krankheit und die Angehörigen kommen zu dir und fragen dich, wo jetzt Gott ist. Was antwortest du ihnen?

In einer Familie ist ein Kind plötzlich sehr krank geworden und darauf verstorben. Die Eltern kamen zu mir und fragten mich genau das: Wo war Gott mit seinen Engeln, als unser Kind krank war und gestorben ist? Sie erzählten mir, wie sie die vergangenen Jahre rührend für das kranke Kind da waren, es ermutigten und ihm immer neue Kraft gaben. Ich liess sie einen Spiegel holen und liess sie hinein schauen. Dazu sagte ich: Sie fragten mich, wo war Gott mit seinen Engeln? So, wie Sie mir erzählt haben, waren Sie für Ihr Kind Engel. Denn Gott ereignet sich in gelebter Liebe.

Jesus war kein Einzelkind. Er hatte leibliche Brüder und Schwestern. Wäre es also möglich, dass heute, 67 Generationen später, jemand mit Jesus verwandt ist?

Ja, das wäre möglich.

Angenommen, ein seriöser Ahnenforscher sagt dir, dass du ein solcher indirekter Nachfahre Jesu seist. Würde das dein Leben verändern? Könntest du das aushalten?

Es kommt darauf an, ob man einen Wirbel um die Sache machen will. Ich würde keinen machen. Es geht nicht um Personenkult. Sondern schlicht um Nachfolge. Mein Leben ginge normal weiter.

Zum Schluss noch zu unserem Wettbewerb: Wo in der Bibel steht der folgende Satz? «Was ihr einem dieser meiner Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.»

Das hat Jesus gesagt, es steht bei Matthäus, eher am Ende. Ich muss raten: Kapitel 24, Vers 40.

Wettbewerb

Hat der Pfarrer recht oder nicht? Schreiben Sie uns, wo in der Bibel der berühmte Satz von Jesus steht: wettbewerb@reformiert.info oder reformiert.zürich, Preyergasse 13, Postfach, 8022 Zürich. Zu gewinnen gibt es zwei Gutscheine für Konzerte in der Zürcher Tonhalle im Wert von je Fr. 75.–, zusammen Fr. 150.–. Einsendeschluss: 10. Juni. Die richtige Antwort auf die Frage in der Ausgabe 4.2 lautet: Im Jahr 2015 lebten im Kanton Zürich 445 097 Reformierte.

Felix Fankhauser (50)

Zuerst machte Felix Fankhauser eine KV-Lehre und arbeitete als Werkstudent in verschiedenen Branchen. In Basel und Zürich studierte er Theologie. Nach Zürich-Affoltern wechselte er von Gebenstorf AG. Fankhauser wohnt mit seinen zwei Söhnen (16 und 19) im Pfarrhaus.