Ein Auge bleibt immer offen. Sogar im Schlaf. Und wer sich ins Bett legt, behält die Schuhe an.
Die israelische Künstlerin Noga Erez braucht kaum Worte, nur ein einprägsames Bild, um vom Leben in akuter Kriegsgefahr zu erzählen.
Die israelische Sängerin Noga Erez legt mit «The Vandalist» ein brillantes Album vor. Ohne über den Krieg zu singen, erzählt sie vom Leben im Krieg. Voller Wut und Liebe.
Ein Auge bleibt immer offen. Sogar im Schlaf. Und wer sich ins Bett legt, behält die Schuhe an.
Die israelische Künstlerin Noga Erez braucht kaum Worte, nur ein einprägsames Bild, um vom Leben in akuter Kriegsgefahr zu erzählen.
Auf ihrem dritten Album «The Vandalist» veredelt Erez ultimativ tanzbaren Rap («Dumb») mit der coolen Eleganz des Latino («Ayayay») oder der fiebrigen Wucht des Funk («P.L.E.A.S.E»). Und dazwischen gelingt Erez ein schlicht wunderbares Liebeslied, das im Schwebezustand auf der Schmerzgrenze der Schönheit tanzt («Come Back Home»).
Auch seine Zeilen erhalten durch den Krieg in Gaza und Libanon sowie die Bedrohung Israels durch den Iran und seine brutalen Milizen beklemmende Aktualität. Splitter der Verzweiflung graben sich in die Hoffnung, wenn sie singt: «Come with your flowers, take off your shoes / They stopped the fire, I read the news / My love is timeless, I wait by the phone / Don’t leave me hanging, please just come back home.»
Noga Erez ist im Kibbuz Ma’agan Micha’el im Süden der Karmelküste am Mittelmeer aufgewachsen. In ihrer Kindheit hörte sie die Geschichte ihrer Vorfahren, die im Holocaust ermordet wurden. Heute lebt sie in Tel Aviv. Bereits in ihrem ersten Hit «Dance While You Shoot» erzählte sie von der Zerrissenheit einer Generation, die ihre Jugend feiert, von Feinden umzingelt und einer Regierung geschützt, die eine umstrittene Siedlungspolitik verfolgt.
Obwohl Erez noch im Mai auf einer Protestkundgebung gegen die Politik der Regierung von Benjamin Netanjahu aufgetreten ist, will sie sich nicht als politische Künstlerin verstanden wissen. Sie sei zum Glück in einer Zeit aufgewachsen, «in der sich niemand mehr rein über seine Nationalität definieren muss», sagte sie in einem Gespräch mit der «Süddeutschen Zeitung». Dennoch bleibe ihre Herkunft essenziell. Sie liebe Israel. «Es ist meine Heimat.» Gerade darum formuliert sie Kritik, wenn sie sich an der Politik stört.
Freilich bekommt auch Noga Erez die Verhärtung der Fronten, die sich seit dem Massaker der Hamas vor einem Jahr nochmals verstärkt hat, vermehrt zu spüren. Sie erlebe gerade sehr viel Konfrontation, «von innen wie von aussen».
Vor diesem Hintergrund bekommt «The Vandalist» durchaus existenzielle Bedeutung: Die Lieder erzählen vom Überleben und dem Versuch, mit einer kaputten Welt zurechtzukommen. Zuweilen schenkt ein Song den dreiminütigen Traum von einer Welt «ohne diesen Bullshit», wie Erez auf der Bühne sagte: «kein Krieg, kein Rassismus, kein Hass».
Und dann packt sie die Zustandsbeschreibung einer ganzen Generation in einen Refrain: «Sad Generation, Happy Pictures».