Sie erlangten als «King Pepe» grössere Bekanntheit und sind jetzt auch zusammen mit Matto Kämpf und Marc Unternährer als «Trampeltier of Love» unterwegs. Warum singen Sie nun «mir wette katholisch sy»?
Simon Hari: Irgendwie ist einfach diese Idee gekommen. Bei «Trampeltier of Love» reden wir relativ häufig über Religiöses. Ansonsten komme ich im Musikbereich nicht so zum Zug mit meinen Interessen in diesem Bereich. Aber Matto Kämpf kann mitreden.
Warum ist das so häufig ein Thema?
Das hat wohl mit unserer Herkunft zu tun. Wir kommen beide aus dem Berner Oberland, wo es ziemlich viele «Stündeler» gibt. Ich stamme selbst aus einer freikirchlich geprägten Familie, meine Eltern sind aus dem Engstligental, wo der evangelische Brüderverein stark verbreitet war.
Die Beschäftigung mit dem Thema wurde mir also fast schon in die Wiege gelegt. Aber ich mache das heute gerne humorvoll distanziert, mehr gefühlt als überlegt. So hat auch nicht immer alles Hand und Fuss, was dabei herauskommt.
Im Liedtext singen Sie etwa, dass Sie den Pontifex verhauen gehen wollen, um praktisch im gleichen Atemzug zu sagen: «Katholisch sy, das fägt». Wo ist da die Logik?
Wir sagen auch: «Dr Papscht isch e Hose», also einer, der nicht hinsteht für das, was er sagt. Das ist ja kein Ausdruck für einen Papst. Man sagt eher: Er ist eine tragische Figur, oder man kritisiert, wenn er etwas gegen die Schwulen sagt. Aber im gleichen Satz kommt bei uns dann: Er ist sehr schön angezogen. Und das finde ich tatsächlich.
So zieht es sich durch den ganzen Text. Der ist natürlich eine krasse Zuspitzung davon, was wir empfinden, das dann in «go home, Zwingli» gipfelt. Wir spielen einfach mit der Sehnsucht der Reformierten und dem Gedanken: Wie wär's, wenn die Reformation nicht stattgefunden hätte? Wir wären alle katholisch, mit der grösseren Geschichte, schöneren Kleidern, den Farben und Klängen. Es ist ein Belächeln und Beneiden zugleich.
Das Verhauen und die Hose sind dann für den Konservativismus?
Ja, das geht sicher in diese Richtung. Aber wenn ich den Text nun souverän begründen müsste, käme ich in die Bredouille. Das Lied entstand wirklich aus dem Gefühl heraus und nicht aufgrund einer scharfen Analyse.
Ein anderes Lied von Ihnen ist «Gebei» (Gebeine), in dem Sie sich Gedanken machen über den Umgang mit Ihrem Körper nach Ihrem Tod. In einem weiteren Lied singen davon, wie brav Sie früher waren. Sind Sie ein ernster Mensch?
Immer weniger. Biblisch gesprochen, könnte man es als grossen Exodus bezeichnen. Ich wuchs evangelisch-methodistisch auf. Die Bibel galt als von Gott geredet, ohne Geschichtlichkeit. Es gab ein Innen und ein Aussen, zudem bestimmte moralische Vorstellungen, etwa in Bezug auf Sexualität und die Stellung der Frau.
Mit etwa 20 Jahren löste ich mich aus der Freikirche. Später studierte ich Religionswissenschaft. Heute rufe ich «Go home Zwingli». Es ist heute wohl eine grössere Gelassenheit da auch beim Umgang mit Themen, die eher bedrückend sind. Aber mit meinem Werdegang bin ich absolut nicht unglücklich.
Wie kam es zu diesem Exodus?
Im Detail ist es eine komplexe Angelegenheit. In erster Linie ist es eine grosse Neugier im Denken und Fühlen, die mich antreibt, die vorhandenen Hirnzellen, Synapsen und Körperfasern wirklich zu brauchen. Das wäre als Teil der Gemeinschaft sicher nicht gegangen.
Und wie haben Sie es heute mit der Religion?
Ich bin nicht gläubig, aber Mitglied der reformierten Kirche – reicht das?
Wenn Sie meinen ...
Eine wahnsinnige Befreiung für mich war es, das Heft selbst in die Hand zu nehmen. Anfangs war es extrem schockierend. Ich entzog mir quasi selbst die eigenen Lebensgrundlagen. In meiner Freikirche war die Ansicht: Wer nicht bei uns ist, stürzt ab, ist verloren. Davor hatte ich auch Angst.
Die ersten Schritte selbst zu machen, war enorm verwirrend. Es half mir dann zu sehen, dass es auch ausserhalb Leute gibt, die Werte von meiner Glaubensgemeinschaft vertreten; Werte, zu denen ich auch heute noch stehen kann.
Aber ich bin überzeugt: Die Version von mir mit allen Zweifeln, Abgründen und Schwierigkeiten beim Entscheiden ist die sympathischere als jene, die ich als Mitglied der Freikirche wäre. Auch bezüglich Nächstenliebe glaube ich, besser unterwegs zu sein.
Es war nicht der Mensch im Zentrum, sondern Gott. Das geht aber nicht auf, weil sich schliesslich trotzdem alles um dich dreht. Dann bist du dauernd im Gespräch mit Gott und fragst: Ist meine Beziehung zu dir eng genug? Gib mir ein Zeichen!
Braucht es denn die Kirchen heute noch?
Kulturreligiös gesehen finde ich es gut, dass es sie gibt. Mir ist es lieber, es gibt eine Kirche mehr als eine weitere rechte Partei. Für mich hat etwa die Landeskirche auch gar nicht so viel mit Gott und Glauben zu tun. Aber was sie gesellschaftlich leistet, finde ich völlig okay.
Würde die Landeskirche Sie für einen Auftrag anfragen: Würden Sie zusagen?
Das käme ganz auf die Umstände an. Sicher nicht geeignet wäre ich als Aushängeschild.