Zu Ostern geht es weit verbreitet so: Schauder des Wohlseins können die Klänge hervorrufen – wieder und wieder, wenn alljährlich die grossen Passionen hervorgeholt und in Kirchen und Sälen gespielt und gesungen werden. Musik bewegt und berührt die Menschen, egal welchen Hintergrund sie hat.
Nicht egal sind die Gründe, weshalb die österlichen Bach-Passionen gefallen, eher eine laut gebrüllte dunkle Botschaft im Death Metal oder das sphärische Abdriften mit einer Mediationsmusik.
«Der Musikgeschmack hängt in erster Linie von der Sozialisation ab, also davon, wie wir aufwachsen und den Umgang mit Musik erfahren», sagt Cristina Urchueguía, Professorin für historische Musikwissenschaft an der Universität Bern. Bisher sei es grundsätzlich so gewesen, dass höhere gesellschaftliche Schichten ein breiteres Musikspektrum hatten, ganz einfach darum, weil sie Zugang hatten zu verschiedener Musik. Wer hingegen ärmer war, konnte sich das nicht leisten.
Beliebte Berechenbarkeit
«So prägten auch gebildetere Menschen die Ansicht, welche Musik als gut und welche als schlecht gilt», sagt Cristina Urchueguía. Doch wissenschaftlich einordnen lasse sich das so nicht. Solche Einordnungen seien vielmehr ein Ausdruck von Macht. Die Professorin und Pianistin erklärt: «Die grobschlächtige Kategorisierung in gut und schlecht hängt von so vielen Sachen ab. Aber Musik kann man nicht absolut beurteilen.» Hingegen könne die Musikwissenschaft messen und sagen, wie raffiniert Musik ist, wie originell und wie ausdrucksstark.