Träume für Kirchenräume

Schlusspunkt

Der Vorwurf, dass die Kirchen ihren Immobilienschatz schlecht bewirtschaften, machte zuletzt Schlagzeilen. Doch den Profit zu maximieren, kann nicht Aufgabe der Landeskirche sein.

Soll ich auch noch darüber schreiben? Ist es nicht zu spät, nachdem Zeitungen prominent von der Unfähigkeit der Kirchen geschrieben haben, aus ihren Immobilien Kapital zu schlagen, und Christoph Blocher auf die publizistische Kanzel gestiegen ist, um in seiner Verlegerkolumne mit dem Gleichnis von den Talenten den Kirchen ins ökonomische Gewissen zu reden? Da hinke ich doch wie die alte Fasnacht hinterher.

Immerhin passt mein Text zum Fasnachtsauftakt am 11.11. Und Ansgar Gmür gelang tatsächlich ein Coup, als seine Masterarbeit, mit der er sein Theologiestudium abgeschlossen hat, dem Boulevard als «gross angelegte Studie zum Immobilienbesitz der Kirchen» die Schlagzeile des Tages lieferte.

Biblische Nachhilfe

Freilich bleibt die zentrale Frage offen, wie viele Gebäude die Kirchen nun wirklich besitzen. Das schmälerte das mediale Interesse an der Arbeit nicht, es stärkte nur die These des ehemaligen Präsidenten des Hauseigentümerverbands, dass die Kirchen ihr Immobilien-Portefeuille «komplett vernachlässigen».

Ob der schlechten Noten muss die Kirche sich nicht grämen. Sie darf sich freuen, weiterhin so wichtig zu sein, dass Aufmerksamkeit erhält, wer sie kritisiert. Und ergreift ein Verleger das Wort, um ein Gleichnis auszulegen, ist das eine willkommene Massnahme gegen den biblischen Analphabetismus.

Die wahren Talente

Die Erzählung ist klug gewählt. Darin vertraut ein Herr seinen Knechten unterschiedliche Geldbeträge an. Zwei investieren und verdoppeln die Summe. Der dritte vergräbt die Münze. Er lässt sich von der Angst leiten, denn nach geltendem Recht bleibt der Verlust an ihm hängen, den Gewinn sahnt der Herr ab.

Die Moral der Geschichte: Belohnt wird, wer ins Risiko geht. Und womit wuchert Jesus, wenn er keinen Schrei um Hilfe überhört, keinen verzweifelten Blick übersieht? Mit der Liebe, die vermehrt, wer sie teilt!

Der Schatz verpflichtet

Meine Träume für Kirchenräume speisen sich nicht aus der Profitmaximierung. Für Freikirchen oder soziale Institutionen mag es legitim sein, Marktmieten zu verlangen, um den Betrieb zu finanzieren. Doch die Landeskirchen erhalten von den Firmen Steuern für ihre Leistungen für die Gesellschaft. Daraus erwächst die Pflicht, sorgfältig umzugehen mit dem Immobilienschatz.

Und das bedeutet, Räume dem Kommerz zu entziehen, sie zu öffnen für Diakonie, Kultur, Einkehr, die Begegnung über soziale und religiöse Grenzen hinweg. Die Kirche hat das Privileg, mit einem knappen Gut zu wuchern, das wir dringend nötig haben: Freiraum!

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