«Schreibst du wieder über mich?» Bigna schwang sich auf die Gartenmauer. Ich nickte, obwohl ich erst dabei war, meine Gedanken zu sortieren. «Schreib lieber über den Osterhasen.» «Ich bin sicher, über den habe ich schon in einem anderen Jahr geschrieben.» «Ja, das kann sein. Aber diesmal schreibst du, dass man über ihn nicht mehr schreiben soll. Weil es ihn nämlich nicht gibt.» «Oh, seit wann das denn?» «Das weiss ich nicht, aber herausgefunden habe ich es gestern. Willst du wissen, wie?» «Unbedingt.»
«Also hör zu. Der Nikolaus kommt am sechsten Dezember, das Christkind am vierundzwanzigsten.» «Die gibt es also weiterhin?» «Ja, natürlich, den Nikolaus kann man ja sogar anfassen, und vom Christkind habe ich immerhin die Jeans gesehen. Aber vom Osterhasen nichts, rein gar nichts. Kein Ohr, kein Stummelschwänzchen. Und warum nicht?» Sie sah mich herausfordernd an. Ich hatte keine Ahnung, worauf sie hinauswollte. «Weil Ostern nicht an einem bestimmten Tag ist! Da merkt man doch sofort, da ist was faul.» Ich musste lachen. «Und wer versteckt dann die Ostereier?»
Bigna nickte. «Ja, das ist eine wichtige Frage. Erst dachte ich, die Hühner. Aber es sind ja gar keine richtigen Eier. Ich glaube, die Erwachsenen tun es.» «Und wozu? Was haben sie davon?» «Denk scharf nach.» Das tat ich, aber es nützte nichts. Bigna half nach. «Kaninchen sind niedlich, oder? Und eigentlich würde jedes Kind Kaninchen haben wollen. Erwachsene wollen aber keine Kaninchen durchfüttern, deshalb zeigen sie ihren Kindern Bücher und Süsses mit noch viel niedlicheren Osterhasen. Neben denen sehen Kaninchen nur noch halb so niedlich aus. Und die lebenden Osterhasen kann man nicht kaufen. Habe ich recht?» «Das weiss ich nicht, aber deine Argumentation hat was.» «Wirst du darüber schreiben?» «Muss ich wohl.»
Bigna sprang von der Mauer. «Ja, ich finde, das muss die Welt wissen. Wir Kinder lassen uns nämlich nicht mehr für dumm verkaufen.» «Also keine Osterschokolade mehr?» Sie blitzte mich böse an. «Das ist wieder typisch Erwachsener! Doch, natürlich Schokolade! Und Kaninchen!»