Als ich heute den Kompost in den Garten tragen wollte, sass Bigna bedrückt auf dem Bänkchen vor unserem Haus. «Stimmt es, dass die Berge kaputtgehen?», fragte sie, als sie mich kommen sah. «Wer sagt denn so was?» «Jon, der Schreiner.» «Was sagt er sonst noch?» «Was ‹noch›? Das ist schlimm genug!» Ich setzte mich zu ihr. «Ich meine, redet er vom Verkehr oder von der Umweltverschmutzung?»
«Nein, Jon sagt, dass die Berge zerbröseln wie ein Kuchen. Bis alles flach ist.» «Ja, das ist ein Naturgesetz, alles gleicht sich irgendwann aus.» Bigna schüttelte finster den Kopf. «Nicht irgendwann. Jon sagt, dass das ganz schnell geht. Wenn die Gletscher schmelzen, rutscht das Wasser in die Ritzen. Im nächsten Winter gefriert es wieder und sprengt den Berg. Puff, wie eine Bombe.» «Ja, das passiert tatsächlich bereits», gab ich zu. Jedes Gewitter schwemmt inzwischen tosend tonnenschwere Steine unseren Dorfbach hinab.
«Ausserdem, sagt Jon, sind unter den Gletschern lose Steine, und wenn der Gletscher schmilzt, fallen die runter, oder noch schlimmer, sie bilden eine Art Mauer und stauen das Schmelzwasser zu einem See, und wenn dann die Mauer mal einstürzt, überschwemmt der See das ganze Tal, und wir ertrinken.»
Ich wollte etwas Tröstendes erwidern, aber mir fiel nichts ein. Bigna redete auch schon weiter: «Jedenfalls, sagt Jon, werden die Berge schon sehr bald so unsicher sein, dass man da nicht mehr hochdarf. Und vielleicht müssen wir auch alle wegziehen.» Ich war betroffen. «Das klingt wirklich alles sehr schlimm.»
Bigna nickte. «Vor allem hätte ich mein Zimmer umsonst hergegeben, weil natürlich auch keine Unterländer mehr zu uns kommen, wenn man nicht wandern darf und es gefährlich ist, und wir die Ferienwohnung überhaupt nicht gebraucht hätten.» Ich konnte nur noch still seufzen. «Dafür», sagte sie geheimnisvoll, und schon leuchteten ihre Augen wieder, «sehen wir dann von hier aus bis zum Meer. Vielleicht kommt es sogar ganz nahe, Jon sagt, dass es steigen wird. Dann baue ich mir nämlich ein Boot.»