Nach dem Sieg am Eurovision Song Contest schrieb Bigna Nemo einen Brief:
«Hallo, Nemo. Ich bin auch fluid, oder wie nennst du das? Jedenfalls bin ich auch nicht Bub oder Mädchen, sondern beides und noch viel mehr. Oder gar nichts. Bigna eben. Bigna gibts nur einmal. Und ich fand dich an dem Wettbewerb total cool. Nein, eigentlich überhaupt nicht cool, aber mega. Sogar mega mega. Ich habe dich reden gehört, du sagst auch oft ‹mega›, dabei dachte ich, das ist Romanisch. Wir sagen hier nicht nur ‹mega›, sondern auch oft ‹huere›, kennst du das auch? Das wäre mega, dann hätten wir noch etwas gemeinsam. Ich habe gehört, du sagst auch oft so was wie ‹watsefack›, das kennen wir hier nicht, sagt man das in Biel? Was heisst es? Und was sagst du noch so?
Eigentlich wollte ich dir ganz was anderes schreiben. Ich singe jetzt nämlich auch, und ich dachte, du kommst vielleicht her und schreibst ein Lied für mich. Wir haben eine Ferienwohnung. Früher hatte ich ein eigenes Zimmer, jetzt nicht mehr, weil da eben die Gäste wohnen. Ich fände es toll, wenn du in meinem alten Zimmer wohnen und ein Lied für mich schreiben würdest. Ein Lied über Santa Maria. Mama hat in der Zeitung gelesen, dass nur noch jeder dreissigste Mensch richtig auf dem Land lebt. Das finde ich traurig, weil es hier so schön ist.
Wie heute früh. In der Nacht hatte es uu geschifft, und am Morgen kam dann die Sonne, und die Wolken haben noch in den Bäumen gehangen, und die Regentropfen haben im Flieder geglitzert, und das Licht war wie Gold. Und unten im Reitstall sind die Fohlen total überdreht durch die Koppel gerannt, weil sie so huere mega Freude am Leben hatten.
Und da habe ich an dich gedacht. Weil du auch aussiehst wie eines dieser Fohlen. Eigentlich gehörst du hierher. Natürlich kannst du in unserer Ferienwohnung bleiben so lange, wie du willst. Dann verdienen wir keine Miete mehr, dafür machen wir den ESC nächstes Jahr hier bei uns, draussen zwischen Piz Terza und Piz Lad. Und ich singe dein Lied. Und wenn ich alt genug bin, heiraten wir. Brauncladuna da Bigna!»