Als Renata und Bigna in den Garten kamen, sass ich seit Stunden unter dem Apfelbaum und zermarterte mir das Gehirn. Das sah man mir offenbar an, denn beide lachten, und Renata fragte: «Immer noch Susanna?» Ich nickte und erklärte Bigna: «Wir wurden auf rührende Weise beschenkt und würden uns gern revanchieren, aber wir wissen nicht, wie. Susanna ist so genügsam. Wir können sie nicht einmal einladen, sie ist schlecht zu Fuss und kann kaum reisen.» «Ist sie alt?» «Ziemlich.» «Ich kann ihr ein Gedicht schreiben. Alte Leute mögen Gedichte.» Renata und ich sahen uns überrascht an. «Das wäre schön.» «Fein.» Bigna setzte sich in Denkerpose. «Also, wer ist Susanna?»
Dazu fiel Renate und mir viel ein. «Ein sehr kluge, selbstständige Frau. Ihr Leben lang eine Schafferin.» «Ja, bescheiden, aber trotzdem sperrig. Auf sehr schöne Art, eben sehr eigen. Eine Bauerntochter.» «Sie lebt allein, und sie ist in Trauer.» «Und sie ist ein Mensch, mit dem man Pferde stehlen möchte.» «Wobei sie dich davor warnen würde: ‹Pferde leben dreissig Jahre und sind andauernd krank, hast du dir das gut überlegt?›» «Ja, vermutlich. Sie hat einen sehr feinen Humor.» «Aber auch einen spitzen.» «Unbedingt. Und sie ist ein Mensch, der sich noch fürs Sterben entschuldigt.» «Weil sie gern noch hinter sich sauber machen würde.» Wir lachten beide.
Bigna baumelte mittlerweile ungeduldig mit den Beinen. «Das ist alles so Liebeskram, ich kann daraus kein Gedicht machen.» «Der Fuchs», fiel mir ein, «sie hat mir ein Foto von einem schönen Fuchs geschickt, der verletzt unter ihrem Balkon im Gras lag. Und ein Filmchen, wie er sich aufrafft und davontrottet. Sie hat auch mehrmals von ihm geschrieben. Ja, dieser Fuchs hat sie sehr beschäftigt.» Ich zeigte ihnen das Filmchen, danach dachte Bigna lange still nach. Schliesslich: «Qualchüns vuolps ferits sun trists, ma nun es quist. Sco qualchüna duonna attempada resta la cour da la chasada.» Dann sprang sie auf und rannte nach Hause.
Und wir rangen mit der Übersetzung: Manche verletzte Füchse sind traurig, doch nicht dieser. So wie manche alte Frau das Herz der Gemeinschaft bleibt.