«Wir haben Post», sagte ich, als Bigna die Gartenmauer entlangschlich, um Erdbeeren zu stehlen. Neugierig kam sie zu mir. «Es geht um dein Gedicht über den verletzten Fuchs.» Bigna nickte: «Und über die arme Frau, die über ihn so traurig ist, dabei ist er selber nicht traurig.» Sie sah mich erwartungsvoll an. «Leider ist die Post keine gute. Ein Universitätsprofessor hat sich beschwert.» «Ein richtiger Universitätsprofessor?» «Ja, und er findet deinen Vers ganz schlimm. Er sagt, das sei überhaupt kein Romanisch.»
Bigna lief rot an. «Kein Romanisch! So macht man eben Gedichte! Wenn die tatta mir welche vorgelesen hat, war das auch kein Romanisch. Hat er nicht gemerkt, dass es ein Gedicht ist?» Die tatta war ihre Urgrossmutter. «Offenbar nicht, er schreibt immer nur ‹der Satz›. Er hat wohl auch nicht gemerkt, dass du erst sieben bist.» Bigna wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, aber dann kamen doch die Tränen.
«Hat er den Satz denn jetzt richtig gemacht?», fragte sie. «Nein, aber er hat mir angeboten, mich nächstes Mal gleich an ihn zu wenden.» «Statt an mich? Oh, ein richtiger Professor ist natürlich viel besser.» «Nein, lieber höre ich mit der Kolumne auf. Dazu hätte ich sowieso Lust, es ging noch mehr schief. Die Frau in deinem Gedicht ist darüber auch nicht glücklich. Lieber wäre ihr gewesen, wir hätten nur vom Fuchs geschrieben.» «Aber das ging doch nicht! Sie und der Fuchs, das war doch ... Das ist doch ... Kann ich es auf Romanisch sagen?» «Bloss nicht, das gibt gleich wieder böse Post.» Darüber konnte sie schon wieder lachen.
«Jedenfalls darfst du nicht aufhören», beharrte sie, «genauso, wie die Frau nicht traurig sein darf. Der Fuchs ist zwar verletzt, aber es macht ihm nichts, jetzt ist er eben ein verletzter Fuchs. Es kann ja nicht nur gesunde geben.» «Das verstehe ich, aber was hat es denn mit unserer Kolumne zu tun?» «Du bist auch verletzt, aber das geht vorbei. Das kannst du auch dem Professor schreiben, der ist ebenfalls verletzt. Auf Deutsch.» Sie kicherte.
«Und jetzt gehe ich Erdbeeren stehlen und teile mit dir.» «Wieso, es sind doch schon meine.» «Dann ja nicht mehr.»