«Ich schäme mich so furchtbar», sagte Bigna. «Seit ich den Winter vertrieben habe, taut es. Überall ist Matsch, und wenn es einmal nachts wieder kalt genug wird, friert er zu Glatteis. Duonna Lydia ist schon ausgerutscht und hat sich die Hand gebrochen. Andauernd rutscht jemand aus. Und ich bin schuld.»
Ich erinnerte mich an den Zauber, mit dem sie im Advent versucht hatte, die Kälte zu vertreiben. «Aber hast du ihn damals nicht abgebrochen?», fragte ich. «Ja, das dachte ich auch. Aber sieh dir den Schlamassel an!» Sie begann zu schluchzen. «Ich wollte immer zaubern können, und jetzt hasse ich es.»
«Ich glaube nicht, dass du daran schuld bist. Nicht mehr als wir alle. Die Menschen machen die Erde kaputt, aber dahinter steckt kein Zauber, nur Bequemheit.»
Bigna blinzelte mich skeptisch an, Tränen glitzerten in ihren Wimpern. «Jetzt weiss ich gar nicht, ob ich mich darüber freuen soll oder nicht. Wenn ich zaubern könnte, könnte ich sie wenigstens wieder heil machen.»
«Vielleicht kannst du das auch. Es gibt den Spruch: In Tokio schlägt ein Schmetterling mit den Flügeln und löst so bei uns ein Gewitter aus. Alles ist mit allem verbunden. Wenn du immer so lebst, wie du es für die Welt für richtig hältst, kann alles Mögliche geschehen. Auch ohne Zauber.»
Sie stöhnte. «Das heisst im Winter keine Erdbeeren essen und lieber einen Pulli anziehen als die Heizung hochdrehen und nicht mehr fliegen und so, richtig?» «Zum Beispiel.» «Meinetwegen. Aber wenn die Erde so gerettet wird, wie weiss ich, dass ich es war?» «Du weisst es nicht.» «Das ist aber gemein, die anderen kriegen vielleicht Erdbeeren und fliegen ans Meer und tun überhaupt nichts für die Erde!» «Ja, das musst du aushalten.»
Bigna dachte heftig nach, dann nickte sie. «Okay, ich tus. Aber wenn ich mal tot bin und wenn es einen lieben Gott gibt, sagt er dann hoffentlich: ‹Danke, Bigna, dass wenigstens du dir Mühe gegeben hast.› Und ich sage: ‹Easy, Gott, aber jetzt bring mich ans Meer, und dort bekomme ich gefälligst Erdbeeren, bis mir schlecht wird.›»