Renata und ich haben Corona. Bigna auch. Bignas Mutter nicht, und damit sie es auch nicht bekommt und weiter zur Arbeit kann, bleibt Bigna bei uns. Allzu schlimm geht es uns nicht, schliesslich sind wir mehrfach geimpft. Bigna hat Fieber, wir husten, und alle haben Kopfweh. Das ist zu viel, um es einfach zu ignorieren, und zu wenig, um im Bett zu liegen. Also fläzen wir uns auf dem Sofa.
«Und jetzt machen wir einfach gar nichts?», fragt Bigna mit leisem Grauen in der Stimme. Normalerweise sitzt sie keine Sekunde still, sondern bastelt, schnipselt, malt, schreibt, untersucht ... Ich selbst bin nicht so viel anders. «Ja, wenn wir gesund werden wollen, tun wir am besten gar nichts.» «Aber dann tun wir ja schon was, wir werden gesund.» «Gesund werden wir von allein, das zählt nicht. Thymiantee trinken sollten wir.» «Nur das? Den ganzen Tag?» «Ja, warum nicht?»
Zum Glück schneit es. Eine Weile sehen wir dem Schnee beim Fallen zu. Mich juckt es in den Fingern, die Schaufel zu nehmen und den Weg freizuschippen. Bigna sagt: «Endlich hätten wir genug Schnee für einen Schneemann.» Aber wir bleiben liegen. Der Elf-Uhr-Bus fährt vorbei, der Zwölf-Uhr-Bus. Renata kommt mit einer neuen Kanne Tee und setzt sich zu uns. «Hatten wir uns nicht immer gewünscht, mal gar nichts zu tun?», sagt sie lachend. «Furchtbar», sagt Bigna, «will nicht jemand was vorlesen?» «Zum Lesen habe ich zu viel Kopfweh», sage ich und: «Nein, da müssen wir jetzt durch.»
Und es geht immer besser. Ein-Uhr-Bus, Zwei-Uhr-Bus. Es schneit noch immer, und wir haben aufgehört zu warten, dass etwas anders wird. Irgendwann flüstert Bigna andächtig: «Ich glaube, ich habe etwas begriffen!» «Und was?» «Ich kann es nicht sagen, ich spüre es nur. Es hat etwas mit Ewigkeit zu tun. Und mit Weihnachten. Jedenfalls macht es mich ganz glücklich.» «Das ist das Fieber», sagt Renata spröde; dabei fühlen wir es alle. Das Kranksein ist wie ein Hauch von Wiedergeburt. Eine Reinigung. Oder wie Bigna noch sagt: «Ich komme mir vor wie eine frisch gehäutete Schlange.»