In Bignas «Entsorgungsstelle für liegen gebliebene, doppelte und ungeliebte Geschenke» stand ein reizendes kleines Harmonium von Dace & Son, London, Baujahr 1890. Bigna sah meine leuchtenden Augen und sagte: «Wenn du willst, schenke ich es dir zu deinem 60. Geburtstag. Aber man muss furchtbar treten, damit überhaupt ein Ton rauskommt.» «Du bist bestimmt einfach zu leicht», sagte ich und trug es mit Renata hoch in unsere Wohnung.
Bigna folgte mit besorgtem Gesichtsausdruck. Und wirklich, auch bei mir kam kaum ein Ton. Ich schraubte die Rückwand auf und fand zwei lose Haken. Nachdem ich sie triumphierend in den Ösen befestigt hatte, ging es besser, eine kleine Melodie liess sich spielen. Aber für einen Akkord reichte die Luft noch längst nicht. «Ich mache dir doch lieber ein anderes Geschenk», meinte Bigna.
«Kommt nicht infrage, dieses Instrument ist viel zu schön, um auf dem Sperrmüll zu enden. Sieh dir nur diesen Knopf an: Voix céleste. Und die zierlichen Tasten.» Ich schickte das Gerät zu einer befreundeten Spezialistin. Ihr nüchternes Fazit nach zwei Wochen: «Ein mittelklassiges Instrument. Der Magazinbalg ist kaputt, die beiden Schöpfbälge müsste man neu beledern, die Spielmechanik gängig machen, die Windführungen neu dichten ...» Und, und, und. Kostenpunkt der Reparatur: mit Freundschaftspreis fast 3000 Franken.
Inzwischen wussten wir, ein funktionierendes Harmonium bekommt man ab 200 Franken. Bigna schossen Tränen in die Augen: «Dann ab damit auf den Müll? Andererseits, wenn ich alles dranzahle, was ich mit meinem Lädelchen verdient habe ...» «Kommt nicht infrage», unterbrach ich sie, «eher verkaufe ich meine Armbanduhr.» Renata rief: «Halt, stopp, die habe ich dir geschenkt! Aber vielleicht kann ich an irgendeiner Schule eine Stellvertretung machen.» Wir sahen uns an und mussten lachen. «Jedenfalls schaffen wir das irgendwie, oder?», fragte Bigna, noch immer mit Tränen. Wir nickten entschlossen, und Renate stellte kichernd fest: «Wenn man bedenkt, dass keiner von uns Harmonium spielen kann ...» Bigna sagte: «Das ist eben Liebe.»