Kaum ein Paar weiss beim Kauf der Eheringe: Für die Gewinnung eines Rings werden irgendwo in Asien oder Afrika zwanzig Tonnen Schutt aufgetürmt, kontaminiert mit Zyanid und Quecksilber. Nur mit diesem Giftcocktail lässt sich das Gold vom Gestein lösen. Die glänzende und die dunkle Seiten des Goldes sind Thema der vorösterlichen Kampagne
der kirchlichen Hilfswerke Brot für alle (BFA) und Fastenopfer. Gold steht dabei beispielhaft für das Minengeschäft. Der Wirtschaftszweig vertreibt jährlich schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen aus ihrer Heimat. Und just in der Schweiz rotiert die globale Golddrehscheibe: Zirka siebzig Prozent des Goldes wird in den vier Schweizer Raffinerien verarbeitet.
Das Hochzeitspaar hat aber die Wahl: Seit zwei Jahren kann zertifiziertes Gold der Max-Havelaar-Stiftung bei Schweizer Juwelieren verarbeitet werden. Den kirchlichen Hilfswerken, selbst Mitglieder der Max-Havelaar-Stiftung, ist dies nicht genug. Sie fordern mit der Konzernverantwortungsinitiative gesetzliche Massnahmen, die die Schweizer Konzerne zur Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards zwingen.
Angst um den guten Ruf. Schon 2011 hat BFA mit anderen entwicklungspolitischen Organisationen die Kampagne «Recht ohne Grenzen» lanciert. Die mit 135 000 Unterschriften eingereichte Petition wollte Druck auf das Parlament ausüben. Knapp scheiterte letztes Jahr im Nationalrat ein Gesetz, das in der Schweiz ansässigen Unternehmen bei allen Auslandsaktivitäten eine grössere Sorgfaltspflicht verordnet hätte.
Gegen die gesetzliche Verankerung der Sorgfaltspflicht votierte die Zürcher Nationalrätin Doris Fiala (FDP). Sie gilt als entwicklungspolitisch versiert und weiss von ihrer Arbeit als PR-Beraterin, wie Negativschlagzeilen den Ruf von Firmen beschädigen können. «Kein Unternehmen möchte in den Medien durch den Dreck gezogen werden», argumentiert sie. Schon alleine deshalb würden die Unternehmen freiwillig soziale und ökologische Standards einhalten.
Kein Prozessmarathon. Einspruch erhebt Otto Schäfer, Theologe und Ethi-
ker des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds. Er hat für die kirchlichen Hilfswerke Thesen zur Konzernverantwortung formuliert. Für ihn reicht die Selbstverpflichtung der Unternehmen zurEinhaltung der Menschenrechte nicht: «Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte sind nicht bloss eine Option, sondern ethische Pflicht.»
Einklagbare Verbindlichkeit fordert deshalb die Konzernverantwortungsinitiative, die hinter der Goldkampagne steht. Bisher haben die 76 Hilfswerke, Frauen-, Menschenrechts- und Umweltorganisationen, kirchlichen und gewerkschaftlichen Vereinigungen sowie Aktionärsverbände 65 000 der nötigen 100 000 Unterschriften beisammen.
Schäfer betont: Nicht Sanktionen stünden im Vordergrund, die Sorgfaltspflicht sei eher als Prävention gedacht. Das bestätigt Stephan Suhner von der Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien: «Wir wollen nicht einen Prozessmarathon gegen Schweizer Firmen starten, falls die Konzernverantwortungsinitiative angenommen würde.» Er hofft aber, dass das neue Gesetz hilft, menschenrechtsverletzende Geschäftspraktiken zu verhindern.
Auf Umwegen in die Schweiz. Im Bürgerkriegsland Kolumbien kommen beim Goldabbau neben den sozialen und ökologischen Folgen noch Probleme wie die Weisswaschung von Drogengeldern und die Finanzierung bewaffneter Gruppen hinzu. Entwicklungspolitische Gruppen forderten, die Goldimporte nach Ländern aufzulisten. Seit zwei Jahren kann man nun viele Ungereimtheiten in der Einfuhrstatistik entdecken. So gelangt etwa tonnenweise Gold von Togo, einem Land ohne Goldvorkommen, in die Schweiz. Des Rätsels Lösung: «Schmutziges Gold» aus kleinen Minen wird von Burkina Faso nach Togo geschmuggelt. In Burkina Faso schätzt die UN-Arbeitsorganisation ILO, dass dreissig bis fünfzig Prozent Kinder die risikoreiche Arbeit verrichten.
Stephan Suhner glaubt, dass das als Konflikt-Edelmetall eingestufte Gold Kolumbiens ebenso Umwege geht. Deshalb fordert er: «Erst wenn die komplette Lieferkette rückverfolgt werden kann, wird kein schmutziges Gold mehr in der Schweiz verarbeitet.»