Spezial 24. Februar 2021, von Yvonne Witschi-Minder

Pfarrerin Yvonne Witschi: Über Grenzen hinweg verbinden

Serie Kirche digital

In den Möglichkeiten elektronischer Geräte sieht die Pfarrerin Yvonne Witschi viel Potenzial. Zum Auftakt ihrer Serie «Kirche digital» erzählt sie, wie sie zu dieser Einsicht kam.

Entdecken Sie Neues bei «Kirche digital»

Im Internet und in den sozialen Medien sind zahllose spannende Perlen von Kirche «in Digital» zu entdecken. Die Pfarrerin Yvonne Witschi aus Thun macht diese Erfahrung ständig aufs Neue. Nun stellt sie ihre Entdeckungen in der Serie «Kirche digital» monatlich vor.

Ihre Profile auf Instagram und Twitter:

https://www.instagram.com/witschiyvonne/

https://twitter.com/YvonneWitschi

Es sind noch keine 12 Monate her, als ich mich auf Twitter und Instagram registriert und mit etwas Herzklopfen meine Accounts auf öffentlich gestellt habe. Es war meine Eintittskarte in eine mir unbekannte «Kirchenwelt» und damit der Beginn einer faszinierenden Reise. Tönt schwülstig – passt aber perfekt!

Fangen wir jedoch vorne an.

Bis 32 keine Zeit für Social Media

Mit meinen 33 Jahren bin ich gut vertraut mit Computern, Internet und den digitalen Möglichkeiten. Facebook, WhatsApp, Snapchat und Co kannte ich. Doch für mich selbst sah ich lange keinen Nutzen darin, mich mit anderen auf einer Social Media-Plattform zu tummeln. Ich hatte einfach keine Zeit dafür. Oder anders gesagt, ich wollte mir die Zeit nicht nehmen und stattdessen in echte Kontakte und Beziehungen investieren.

Ich gebe zu, auch ich hatte meine Vorurteile bezüglich sozialer Netzwerke. Hinzu kam, dass es meine Konfirmand*innen schon unerhört fanden, dass ich als Pfarrerin überhaupt ein Smartphone besass und damit beispielsweise Fotos für die Konfirmation machte. Auch mein selbstverständlicher Umgang mit Beamer und Laptop wurde «gwundrig» von den Jugendlichen beäugt, was mir einiges über ihre Vorstellungen von einer Pfarrperson verriet.

Was? Nur acht Jahre älter?

«Was? Sie sind nur acht Jahre älter als ich?» Den Gesichtsausdruck des Schülers, der diese Frage stellte, werde ich nie vergessen. Gut, mittlerweile passt diese Aussage nicht mehr. Im Gegensatz zu den Konfirmand*innen bin ich älter geworden. Es zeigt aber, dass in digitaler Hinsicht absolut nichts von mir erwartet wurde. Also machte ich es mir «hinter dem Mond» gemütlich.

Leider, wie ich heute feststellen muss. Was hätte ich damals im Vollzeitpfarramt für den regen Austausch zwischen Pfarrer*innen auf Twitter gegeben, wenn mir wieder einmal die Initialzündung für die Predigt oder ein Filmtipp für den Unterricht gefehlt hat. Wie hätte es mir gutgetan, nach einer anstrengenden Arbeitswoche selber innezuhalten und mir vom Küchentisch aus eine spirituelle Auszeit zu nehmen!

Durch Pandemie aus der Komfortzone katapultiert

Ja, ich habe einiges verpasst. Es musste erst eine Pandemie kommen, die mich aus meiner Komfortzone herauskatapultierte, weil ich meine Arbeit nicht mehr wie gewohnt wahrnehmen konnte und meine Vertretungseinsätze ersatzlos gestrichen wurden. Obwohl mich mein zweijähriger Sohn ununterbrochen auf Trab hält, sehnte ich mich plötzlich, wie viele andere auch, nach einer neuen Form von Kirche und kirchlichem Leben. Einer, die trotz Lockdown stattfinden konnte.

Der Einstieg in diese Art von Kirche war wie zu erwarten holprig. Obschon ich mich kaum an die Zeit ohne Computer und Internet erinnern kann, musste ich mich zuerst mit der Funktionsweise und den Gepflogenheiten der jeweiligen Plattform vertraut machen. Total ins Schwitzen kam ich, als eine Bekannte aus dem echten Leben auf mein Twitter-Profil stiess und eine Folgeempfehlung abgab: Das Smartphone piepte ununterbrochen und zeigte neue Follower, irgendwelche Herzchen oder Antworten an, die wiederum mindestens mit einem Herzchen erwidert werden mussten. Überforderung pur. Glücklicherweise legte sich dieses Gefühl von Reizüberflutung schnell und eine gewisse Routine stellte sich ein.

Für Inspiration und Diskussion – über viele Grenzen hinweg

Aus meinem Alltag wegzudenken ist die digitale Kirche mittlerweile nicht mehr. Auch wenn das kirchliche Leben irgendwann wieder «normal» stattfinden wird, werde ich mich weiterhin um das Miteinander von analoger und digitaler Kirche einsetzen. Dafür sind die Möglichkeiten und das daraus resultierende Potenzial zu gross. Und ich möchte es auch nicht mehr missen, mich täglich auf unterschiedliche Weise inspirieren zu lassen, selbst aktiv zu werden, mitzudiskutieren, meinem Glauben im privaten Alltag mehr Platz einzuräumen und Bekanntschaften über Kantons- und Landesgrenzen hinweg zu pflegen.

Deshalb freut es mich, dass ich Sie in den kommenden Monaten hier mit auf Entdeckungsreise nehmen darf. Ich werde nicht nur verschiedene Formate vorstellen, sondern auch offen über die Licht- und Schattenseiten der Kirche im digitalen Raum berichten. Natürlich immer auf der Grundlage meiner eigenen Erfahrungen.

Falls ich Sie «gluschtig» gemacht habe und Sie mit Entdecken nicht bis zum nächsten Beitrag warten möchten, habe ich folgende Empfehlungen für Sie:

Tipps für Kirche im Netz

Tipps für Twitter- und Instagram-Nutzer oder solche, die es werden möchten:
In der Suche #digitaleKirche und #digitaliChile verwenden.

Tipps für alle – auch für diejenigen, die sich nirgends registrieren wollen:
- www.wortzumtag.ch mit einem täglichen Impuls zur Inspiration und Einkehr
- www.seligkeitsdinge.de mit täglichen Andachten zum selber Feiern für Erwachsene und/oder Kinder während der siebenwöchigen Fastenzeit

Mehr zu diesem Thema

Warum mit Smartphones aufgewachsene Konfirmanden in einem Kurs Neues der digitalen Kirche entdecken
17. Dezember 2021, von Yvonne Witschi-Minder

Warum mit Smartphones aufgewachsene Konfirmanden in einem Kurs Neues der digitalen Kirche entdecken

Ob digital, im Netzwerk, Quartier oder Ort: Kirche mit Kernauftrag und Innovation ist gefordert
29. Oktober 2021, von Yvonne Witschi-Minder

Ob digital, im Netzwerk, Quartier oder Ort: Kirche mit Kernauftrag und Innovation ist gefordert

«Piep, piep!» - Gott im Smartphone? Was drei Apps mit kirchlichem Hintergrund tun – und was nicht.
21. September 2021, von Yvonne Witschi-Minder

«Piep, piep!» - Gott im Smartphone? Was drei Apps mit kirchlichem Hintergrund tun – und was nicht.

Wenn sich «Gemeinden» im Netz bilden – wie die Arbeit in der digitalen Kirche funktioniert
28. August 2021, von Yvonne Witschi-Minder

Wenn sich «Gemeinden» im Netz bilden – wie die Arbeit in der digitalen Kirche funktioniert

Wenn in der Kommentarfunktion mitgebetet und im Breakout-Raum mitgeredet werden kann
28. Juli 2021, von Yvonne Witschi-Minder

Wenn in der Kommentarfunktion mitgebetet und im Breakout-Raum mitgeredet werden kann

Reichweite, Klicks und Likes in den Sozialen Medien – was bitte ist da christlich daran?
25. Juni 2021, von Yvonne Witschi-Minder

Reichweite, Klicks und Likes in den Sozialen Medien – was bitte ist da christlich daran?

Geschlechterfragen und Bibeltreue – wenn in der digitalen Kirche Schlachten ausgetragen werden
26. Mai 2021, von Yvonne Witschi-Minder

Geschlechterfragen und Bibeltreue – wenn in der digitalen Kirche Schlachten ausgetragen werden

Von aktiv, urban, über verbindend, erfrischend bis berührend: Schweizer Formate der digitalen Kirche
28. April 2021, von Yvonne Witschi-Minder

Von aktiv, urban, über verbindend, erfrischend bis berührend: Schweizer Formate der digitalen Kirche

Häh? Digitale Kirche? Was soll das sein? Eine Begriffsklärung und ein Aufräumen unter Vorurteilen.
22. März 2021, von Yvonne Witschi-Minder

Häh? Digitale Kirche? Was soll das sein? Eine Begriffsklärung und ein Aufräumen unter Vorurteilen.

Thomas Schlag zum neuen Forschungsschwerpunkt: «Religion ist wesentlicher Faktor für viele Menschen»
20. August 2020, von Marius Schären

Thomas Schlag zum neuen Forschungsschwerpunkt: «Religion ist wesentlicher Faktor für viele Menschen»

Chancen und Gefahren der digitalen Kirche: «Man kann auch online offline gehen»
01. Juli 2020, von Toni Schürmann/kirchenbote-online.ch

Chancen und Gefahren der digitalen Kirche: «Man kann auch online offline gehen»

Der Online-Gottesdienst als Brennglas: «Es zeigt sich, was in der bisherigen Praxis nicht stimmt»
27. Mai 2020, von Felix Reich

Der Online-Gottesdienst als Brennglas: «Es zeigt sich, was in der bisherigen Praxis nicht stimmt»

Sanfte Annäherung an die digitale Kirche: Warum das Gemeindeleben auf Social Media anspruchsvoll ist
25. März 2020, von Marius Schären

Sanfte Annäherung an die digitale Kirche: Warum das Gemeindeleben auf Social Media anspruchsvoll ist

29. Mai 2019, von Constanze Broelemann

Beten auf Twitter

29. Mai 2019, von Anouk Holthuizen

«Mit dem Baby im Arm wurde ich zur Vorbeterin»

29. Mai 2019, von Sabine Schüpbach Ziegler

«Mehr Digitales wäre extrem einfach»

29. Mai 2019, von Nicola Mohler

«Die digitale Welt hat mir Freiraum eröffnet»

29. Mai 2019, von Marius Schären

«Beides funktioniert nur noch miteinander»

29. Mai 2019, von Christa Amstutz Gafner

«Im digitalen Raum ist Platz für Debatten»

Braucht die Kirche mehr Influencer?
02. Mai 2019, von Katharina Kilchenmann

Braucht die Kirche mehr Influencer?

Ich glaub', ich twitter ...
25. März 2019

Ich glaub', ich twitter ...