Über die Zukunft der Kirche – und dabei geht es nicht nur um die
Digitalisierung - wird viel gesprochen und debattiert. Nicht nur in den
Medien, sondern auch innerhalb der Kantonalkirchen, wenn wir an die
«Vision Kirche 21» der reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn oder die «Kirchenreform 26/30» der reformierten Kirche Aargau denken. Welche
Prozesse und Entwicklungen lassen sich jenseits solcher Projekte und
Reformen beobachten?
Es gibt verschiedene
Szenarien, die man sich vorstellen kann, wenn es um Kirchenentwicklung
geht. Dazu gehört der langsame Abbau, der sich mit dem klassischen
«kleiner, älter, ärmer» umschreiben lässt. In diesem Bereich ist meist
kaum Innovation vorhanden. Typische Merkmale davon sind Fusionen,
Professionalisierung und Ausbau von Strukturen, Ausdünnung örtlicher
Stellenprozente, Hierarchisierung von Leitung in der Kirche und die
Rückkehr zu einem gewissen Traditionalismus.
Diese Situation der Kirchenentwicklung scheint wenig zukunftsfähig. Sollte da nicht mehr möglich sein?
Es gibt auch andere Szenarien. Was, wie ich finde, vielversprechend wäre,
ist die «mixed economy» oder kirchliche Biodiversität. In den letzten 15
Jahren hat sich das Selbstverständnis der Church of England, einer
traditionellen Staatskirche, die durch das Parochialsystem strukturiert
ist, markant verändert. Die Mutterkirche der Anglikanischen
Weltgemeinschaft sagt seit 2008 von sich, dass sie eine mixed economy of Church ist, eine Kirche, die innovative, ekklesiale
Gemeinschaftsformen und Ortsgemeinden gleichermassen anerkennt und
unterstützt. Ziel ist eine innovative Vielfalt von Kirche in einer
pluralistischen Gesellschaft.
Diese Kirchen sollen erkennbar und
kontextsensibel sein. Die mixed economy soll das partnerschaftliche
Miteinander von parochialen und neuen Gemeindeformen regeln.
Mittlerweile ist die mixed economy ein Bezugssystem, das nicht nur in
England, sondern auch in unterschiedlichen Landes- und Freikirchen in
Kontinentaleuropa rezipiert und neuerdings von der Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Europa – der GEKE – aufgegriffen
wird.