Sonntagmorgen. Läutende Glocken. Ein kühles Kirchenschiff. Unbequeme Bänke oder Stühle. Bunte Fenster. Orgelklänge. All das sind «Zutaten» eines Gottesdienstes, so wie er traditionell in den Kirchen gefeiert und von vielen Menschen – auch von kirchenfernen – gedacht wird. Dass diese «Zutaten» nicht sakrosankt sind und ein Gottesdienst auch mit deutlich weniger oder anderem «Drumherum» gelingt, zeigt nicht nur das breite Angebot der analogen und digitalen Kirche, sondern vor allem der Blick in die Bibel:
Denn wo zwei oder drei Menschen in meinem Namen zusammenkommen, da bin ich selbst in ihrer Mitte. (Matthäus 18,20)
Workshop war rasch ausgebucht
Mehr braucht es also nicht. Ausser vielleicht einem Laptop oder einem Smartphone, einer Internetverbindung, einem Meeting-Programm und einem Zugangslink. Und schon heisst es: «Willkommen in Gottes Zoomraum». Mit diesem Titel wurde Anfang Jahr ein kostenloser Online-Workshop vom evangelischen Zentrum für Gottesdienst und Kirchenmusik in Hildesheim (Michaeliskloster) angeboten. Das Interesse war sehr gross, weil durch die Pandemie etliche Kirchgemeinden nicht nur aufgezeichnete Gottesdienste oder Livestreams anbieten wollten. Auch das Feiern über Zoom boomte, da diese Form tatsächlichen Austausch und eine spürbare Gemeinschaft möglich machte.
Doch wie lässt sich eine besinnliche Andacht gestalten, wenn das Programm eigentlich für geschäftliche Videokonferenzen vorgesehen ist und dadurch der Grundton eher nüchtern ausfällt? Diese Frage wollten etliche «Kirchenmenschen» für sich klären. Dass der Workshop schnell ausgebucht war und kurz darauf weitere Daten für denselben Kurs ausgeschrieben wurden, verwundert daher nicht. Glücklicherweise konnte ich mir bereits am ersten Abend einen Platz sichern...
Also doch! Feierlich, besinnlich, andächtig, stärkend...
Wie kam ich dazu, mich überhaupt für diesen Workshop anzumelden? Bereits in meinem Maibeitrag zu den Schweizer Formaten in der digitalen Kirche habe ich geschrieben, dass ich bei einem Zoom-Gottesdienst von «Brot & Liebe» eine Geschichte beisteuern durfte. Schon vorher habe ich mir die Sache einmal angeschaut. Und was soll ich sagen; ich sass vor meinem Laptop und war ziemlich skeptisch, ob mich ein solches Format tatsächlich ansprechen würde. Ich persönlich liebe das Gestalten und Halten von klassischen Sonntagmorgengottesdiensten mit allem, was eben dazugehört. Daher konnte ich mir nicht vorstellen, wie eine besinnliche Stimmung aufkommen sollte, wenn die Augen nicht in einem Kirchenraum umherschweifen, sondern lediglich von Zoom-Kachel zu Zoom-Kachel springen können.
Glücklicherweise fand mein Grübeln ein rasches Ende, als die Livemusik über den Lautsprecher ertönte und dabei erstaunlich gut klang. Auch die Gemeinschaft wurde für mich schnell spürbar, was nicht nur dadurch zustande kam, weil man die Mitfeiernden direkt von Angesicht zu Angesicht in ihren eigenen vier Wänden sah, sondern auch durch die Möglichkeit des Mitbetens über die Kommentarfunktion und den direkten Austausch in den Breakout-Räumen. Wobei Letzteres sicherlich nicht jeden Geschmack trifft, da es sehr persönlich wird. Mein Interesse für Zoom-Gottesdienste und ihre Möglichkeiten war somit geweckt und ich zögerte nicht lange, als ich über Instagram vom Workshop des Michaelisklosters erfuhr.