«Ich bin wie alle in meinem Alter mit Facebook und anderen sozialen Medien aufgewachsen. Aber ich war immer eher nur Zuschauer. Ich sah nie einen Sinn darin, jeden eigenen Schritt mitzuteilen. Ausserdem motiviert die Datensammelwut der Giganten nicht gerade dazu.
Vor zwei Jahren habe ich dann per Twitter über eine Tagung berichtet. Da entdeckte ich, dass auf diesem Kanal ganz viele spannende Leute im Bereich Theologie und Kirche zu finden sind. Diese Vernetzung über Grenzen hinweg inspiriert. Und es ermutigt, dass so viele innovativ arbeiten an neuen Formen von Kirche. Ausserdem habe ich gemerkt, dass es viele andere in meinem Alter gibt, die an ähnlichen Fragen interessiert sind wie ich. Twitter wurde für mich so zu einem Fenster in eine weitere Welt.
Mehr digitale Individuen
Aufgewachsen bin ich sowohl landes- als auch freikirchlich. Im evangelischen Gemeinschaftswerk war ich bis zu Beginn des Theologiestudiums aktiv, und bis heute fühle ich mich hier sozial zuhause.
Ich begann dann aber die Landeskirche zu entdecken, wo ich mich in der Synode nun auch kirchenpolitisch betätige. Theologisch daheim bin ich in der Landeskirche. Hier sehe ich, dass die Kirche als Institution ihre Anliegen nur begrenzt über digitale Kanäle vertreten kann. Denn sie erweitern vor allem die Wahrnehmung dessen, was einen ohnehin schon interessiert.
Soziale Medien funktionieren am besten über Individuen: Man folgt und reagiert auf Personen, die man kennt oder die einen inspirieren. Man ist dabei, wenn niederschwellig etwa mit Fotos Anlässe und Gedanken geteilt werden. Die Kirchen können mit ihrer Präsenz helfen, Personen, die ein Flair dafür haben, Resonanz zu verschaffen. Darin sehe ich den digitalen Weg der Kirchen Sie sollten Inhalte also eher kuratieren als selbst erstellen.
Ein Hintergrundrauschen
Rückmeldungen von Personen ausserhalb der Kirche erhalte ich auf Tweets und Blogbeiträge kaum. Am ehesten komme ich mit ihnen ins Gespräch an Trauungen oder anderen Festen oder über die Nennung meines Berufs.
In der Realität empfinde ich meine Spiritualität und den Glauben intensiver, aber eher punktuell. Die digitale Welt aber ist wie ein Hintergrundrauschen, das in die Realität einfliesst. Bei mir funktioniert beides nur noch miteinander.»