Spezial 28. April 2021, von Yvonne Witschi-Minder

Aktiv und urban, beruhigend verbindend, berührend und jung

Serie Kirche digital

Schweizer Formate auf YouTube und Instagram? Gibt es – gute. Wir lassen in Videos die Macherinnen und Macher zu Wort kommen, und Yvonne Witschi-Minder zieht jeweils ein Fazit.

Entdecken Sie Neues beim Blog «Kirche digital»

Im Internet und in den sozialen Medien sind zahllose spannende Perlen von Kirche «in Digital» zu entdecken. Die Pfarrerin Yvonne Witschi aus Thun macht diese Erfahrung ständig aufs Neue. Nun stellt sie ihre Entdeckungen in der Serie «Kirche digital» monatlich vor.

Ihre Profile auf Instagram und Twitter:

https://www.instagram.com/witschiyvonne/

https://twitter.com/YvonneWitschi

Brot & Liebe – Zoom-Gottesdienst

Der Zoom-Gottesdienst «Brot & Liebe» ist ein ökumenisches und länderübergreifendes Projekt, das von zwei Teams aus Berlin (reformiert) und Zürich (katholisch) gestaltet wird. Die Gottesdienste finden regelmässig am Sonntagabend und an Feiertagen statt. Finanziert wird das Projekt durch die Arbeitsstelle Theologie der Stadt Berlin und durch Katholisch Stadt Zürich.

Der Titel «Brot & Liebe» ist Programm. Denn das Kernstück der Gottesdienste sind nicht «normale» Predigten, sondern Geschichten, die von verschiedenen Personen zu einem bestimmten Thema vorgetragen werden. Dadurch wird es sehr persönlich und herzlich. Daneben gibt es jeweils ein gemeinsames Teilen von Brot und Wein oder was man eben gerade zuhause hat.

Als ich im letzten Jahr an Heiligabend zum ersten Mal bei «Brot & Liebe» teilgenommen habe, war ich sehr skeptisch. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie sich jenseits der Zoom-Kacheln eine feierliche Atmosphäre einstellen sollte. Schnell wurde ich eines Besseren belehrt. Die Live-Musik, die Geschichten und auch die technischen Möglichkeiten zum aktiven Mitmachen haben ein sehr besinnliches Mitfeiern ermöglicht, und ich war danach fröhlich eingestimmt auf unsere kleine Familienweihnacht zu dritt. Deshalb war es mir auch eine grosse Freude, im März erneut mitzumachen und selbst eine Geschichte beisteuern zu dürfen. So erlebte ich die Gemeinschaft noch einmal auf eine etwas andere Art, die gleichermassen bereichernd war. Ich kann also die Teilnahme wärmstens empfehlen!

Informationen zu den nächsten Terminen gibt es auf der Website brot-liebe.net oder dem Instagram-Kanal @brot.und.liebe. Wer Interesse hat, kann auch in einzelne Geschichten aus den Gottesdiensten reinhören, da es «Brot & Liebe» mittlerweile auch als Podcast gibt.

Persönliches Fazit: berührend, gemeinschaftsstiftend, wohltuend

FADE_GRAD – Podcast und Instagram-Kanal

FADE_GRAD ist ein Podcast, in dem die drei Macherinnen, wie der Name verrät, Gäste zu den unterschiedlichsten Themen direkt, unverblümt und ohne Umschweife befragen. Präsentiert und finanziert wird das Ganze von den katholischen und reformierten Kirchen der Kantone St. Gallen und beider Appenzell. Meines Erachtens ist das eine grosse Stärke des Podcasts, weil es zeigt, dass digitale Kirche wunderbar ökumenisch und kantonsübergreifend funktioniert.

Ich erlebe den Podcast als sehr abwechslungsreich und interessant, weil die Themenwahl doch breit und vielseitig ausfällt. Mal leicht, mal ernsthaft und auch einmal unbequem – es wird angesprochen. Da ist, wie ich finde, für jede/jeden etwas dabei. Mich persönlich haben bisher vor allem Folge 1 mit Matthias Koller von der Fachstelle Partnerschaft-Ehe-Familie des Bistums St. Gallen und Folge 5 mit Stefan Junger, Chef Armeeseelsorge Schweiz, fasziniert. Beides hat natürlich mit meinem Beruf als Pfarrerin zu tun … Daneben waren auch die Themenwochen zu Drogen und zu Extremsituationen im Sport äusserst spannend.

Besondere Einblicke und Ergänzungen zu den Podcast-Folgen gibt es auf dem Instagram-Kanal Fade_grad (@fadegrad_podcast). Reinhören und reinschauen lohnt sich!

Persönliches Fazit: abwechslungsreich, erfrischend, informativ

​Holy Shit – Youtube- und Instagram-Kanal

«Holy Shit» ist der Youtube- und Instagram-Kanal von zwei reformierten Pfarrerinnen. Sie sprechen offen und ehrlich über Themen wie «Queer-Sein» und «ADHS», aber auch über ihren persönlichen Glaubensweg und ihre Sicht auf die Kirche. Ihre Videos und Posts richten sich an die junge Generation der 15- bis 35-Jährigen, die wenig bis nichts mit der Kirche als traditionelle Institution anfangen können, sich aber trotzdem für Sinn- und Glaubensfragen interessieren. Damit richten sich Claudia Steinemann und Priscilla Schwendimann mitunter an ihre eigene Altersgruppe, was in den Videos sehr schnell deutlich wird. Sie gehören zu einer neuen Generation von Pfarrer*innen, die für ihren Glauben und ihre Kirche «brennen», jedoch auch sehen, dass nicht immer alles so weitergehen darf wie es schon immer war.

Obwohl ich nur vom Alter her der Zielgruppe entspreche, da ich als Pfarrerin selbst zu den «Insidern der Kirche» gehöre, schaue ich mir die Videos und auch die Posts auf Instagram immer wieder gerne an. Es macht Spass, den beiden zuzuhören und zuzusehen und es lässt mich persönlich hoffen - für die Kirche der Zukunft.

Finanziert wird Holy Shit von der reformierten Kirchgemeinde des Zürcher Stadtkreises 1 und von einer Stiftung, die sich für digitale Bildung einsetzt.

Persönliches Fazit: authentisch, jung, sympathisch

PrayTogether – Instagram-Live-Gebet

Das PrayTogether ist ein Instagram-Live-Gebet, welches Bene von @balkonglauben mit wechselnden Gästen regelmässig und ehrenamtlich durchführt. Dabei steht wirklich das Gebet im Mittelpunkt. Der Ablauf ist bewusst schlicht gehalten. So gibt es beispielsweise keine Predigt und auch keine Musik. Es geht darum, in Gemeinschaft vor Gott das auszusprechen, was gerade beschäftigt. Man kann Bene und den Gebetspartner*innen jeweils vorher eigene Gebetsanliegen mitteilen, die dann anonym vor Gott gebracht werden. Ebenfalls gibt es die Möglichkeit, während des Gebets über die Kommentarfunktion Anliegen auch spontan anzubringen, die dann ebenfalls ins Gebet aufgenommen werden.

Es tut mir immer wieder gut, nach einem hektischen Tag zur Ruhe zu kommen und in der Gemeinschaft zu danken, zu loben, zu klagen und zu bitten. Manchmal erkenne ich mich in den Ängsten und Bitten wieder oder freue mich über kleine Lichtblicke und Glücksmomente, welche andere im Verlauf des Tages erlebt haben.

Besonders gefreut hat es mich, als ich selbst einmal mit Bene zusammen «vorbeten» durfte. Obwohl es für mich nicht ganz so besinnlich war wie sonst – ich musste von den Wechseln im Ablauf her schon etwas «auf Zack» sein – erlebte ich die Gemeinschaft als sehr stärkend. Auch die Gelegenheit Gebetsanliegen schon im Vorfeld anzubringen, finde ich gut, da man so in Gedanken trotzdem verbunden ist, auch wenn die entsprechende Person vielleicht nicht live dabei sein kann. Ausserdem kann man das PrayTogether problemlos zu einem späteren Zeitpunkt nachschauen. Das empfinde ich als sehr positiv.

Auf dem Instagram-Kanal von Bene (@balkonglauben) werdet ihr in den Stories informiert, wann das nächste PrayTogether stattfindet.

Persönliches Fazit: beruhigend, nah, verbindend

URBN.K – Youtube- und Instagram-Kanal

URBN.K greift in den YouTube-Videos aktuelle und urbane Themen in und um Zürich auf. Obwohl der Bezug zur Stadt der Gäste wegen, aber auch durch Orte, die besucht werden, spürbar wird, sind die Inhalte auch für Nicht-Zürcher*innen von Interesse.

Die Videos sind in verschiedene Kategorien aufgeteilt. So gibt es beispielsweise «Real Talk», «Special», «My Story» und «Open Doors». Mir persönlich gefällt diese Aufteilung sehr gut, weil es übersichtlich ist und ich bereits im Voraus erahnen kann, was mich erwartet. Als besonders sehenswert empfand ich beispielsweise die Folge «My Story – Café Yucca», in der die Sozialarbeiterin Angela Lagler von ihrer Tätigkeit und ihren Begegnungen im Café Yucca erzählt, das von der Zürcher Stadtmission betrieben wird. Auch die Folge «Real Talk – Essstörungen AES» mit der Ernährungsberaterin Sarah Stidwill war sehr eindrücklich, weil es zeigt, welche Rolle die sozialen Medien und auch das Coronavirus in Bezug auf die Thematik einnehmen.

Der Instagram-Kanal URBN.K (@urbn.k_zuerich) informiert mit Posts über die wöchentlich erscheinenden Videos und gibt in den Stories Einblicke, was beim Team gerade läuft. URBN.K ist ein Projekt von «Kirche urban», das vom Dekanat Zürich-Stadt finanziert wird.

Persönliches Fazit: aktiv, urban, vielfältig

z’ChileZyt – Instagram-Story-Andacht

Nachdem ich mich eine Weile in der digitalen Kirche auf Instagram umgeschaut hatte, landete ich plötzlich auf dem deutschen Account des feministischen Andachtskollektivs (fAk), das regelmässig Andachten in der Story veröffentlicht. Diese «Form» der Andacht sprach mich sofort an. Nicht nur die Vielfalt bezüglich des mehrköpfigen Teams, sondern auch die unterschiedlichen Umsetzungen eines bestimmten Themas weckten mein Interesse. Zudem war es für mich als Mutter eines Kleinkindes sehr praktisch, mir die Stories manchmal auch mit Unterbruch oder auch erst am nächsten Tag in den Highlights anzuschauen.

So wuchs in mir der Wunsch, ein ähnliches «Format» auch in der Schweiz anzubieten. Zusammen mit Bene von @balkonglauben setzte ich mich hinter die Planung, so dass wir letzten November starten konnten. Jede und jeder der Lust hat, kann mitmachen und so ist es am Ende immer wieder eine Freude, das Ergebnis der verschiedenen Impulse zu sehen.

Meist ist die Planung eher kurzfristig und spontan. Aber das gehört in der digitalen Kirche irgendwie ein bisschen dazu und trägt auch der Tatsache Rechnung, dass alle Beteiligten ihre Inputs in der Freizeit vorbereiten.
Angekündigt werden die Andachten auf dem

Instagram-Kanal z‘ChileZyt (@zchilezyt)

Persönliches Fazit: Ein Urteil müsst ihr euch selbst bilden, da ich als Mitinitiantin befangen bin. :-)

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