Die lange Geschichte der orthodoxen Kirche verbindet Russland und die Ukraine. Als Geburtsstunde des Christentums in Russland gilt die von Grossfürst Wladimir verordnete Massentaufe im Fluss Dnepr in Kiew im Jahr 988.
Erich Bryner: Die orthodoxe Kirche ist ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft. Damals im Kiewer Fürstentum, später in den Nachfolgestaaten. Bis zum heutigen Tag.
Heute ist die Orthodoxie in der Ukraine aber aufgespalten in mehrere Kirchen.
Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde die Ukraine 1991 unabhängig. Im Normalfall würde in diesem Fall in jedem Land eine eigene orthodoxe Kirche gegründet. Das ist in der Ukraine aber nicht geschehen. Die Ressourcen der ukrainischen Diözesen sind für das Moskauer Patriarchat äusserst wichtig – bis hin zum theologischen Nachwuchs. Die Ukrainische Orthodoxe Kirche Patriarchat Moskau ist die grösste orthodoxe Kirche in der Ukraine.
Und die anderen orthodoxen Kirchen?
Neu gebildet hat sich 1992 die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche vom Kiewer Patriarchat. Diese konzentrierte sich auf die Ukraine und gab sich nationalistisch. Daneben gibt es eine kleine, autokephale, also unabhängige orthodoxe Kirche und schliesslich noch eine vierte, mit Rom unierte. Diese vier Kirchen feiern praktisch den gleichen Gottesdienst – die Liturgie unterscheidet sich nur in der Fürbitte für das jeweilige geistliche Oberhaupt.
Zu einer weiteren Spaltung kam es im Jahr 2018.
Das war eine Neugründung: Die Orthodoxe Kirche in der Ukraine (OKU). Diese will die Spaltung eigentlich überwinden. Sie wurde vom Patriarchat in Konstantinopel gefördert, ist aber nicht in der gesamten Orthodoxie anerkannt – vor allem nicht in der russischen.