Am 9. Februar stimmen die Schweizerinnen und Schweizer über die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm ab. Es geht um die Frage, ob neben Rasse, Ethnie und Religion auch die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung strafbar werden soll. Die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz EKS und Freikirchen beziehen unterschiedlich Stellung. Und die Bischofskonferenz nimmt dazu keine Stellung.
«Ausdruck geschöpflicher Fülle»
Während die Abgeordnetenversammlung des Kirchenbundes bei der Anerkennung der «Ehe für alle» dem Rat im letzten Herbst erst nach langen Diskussionen folgte, fällte sie beim Schutz vor Diskriminierung von Homosexuellen bereits im Sommer 2019 einen Grundsatzentscheid: Der Mensch sei von Gott gewollt, so wie er geschaffen ist. Die sexuelle Orientierung könne man sich nicht aussuchen, sie sei «Ausdruck geschöpflicher Fülle». In der Folge hält die EKS, wie der Kirchenbund seit Anfang Jahr heisst, in ihrer Verfassung fest, dass sie «bei all ihrem Wirken in Wort und Tat» darauf achte, dass niemand diskriminiert werde.
Aufgrund der bisherigen Beschlüsse und der neuen Verfassung unterstütze der Rat der EKS auch die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm, sagt Katharina Dunigan, Leiterin Kommunikation EKS, gegenüber dem Kirchenboten: «Werden Menschen gezielt herabgesetzt, verletzt dies ihre Würde als Geschöpfe Gottes». Die Erweiterung des Strafgesetzes stärke den Diskriminierungsschutz in unserer Gesellschaft.
«Problematisch» und «überflüssig»
Die Schweizerische Evangelische Allianz SEA lehnt wie schon die «Ehe für alle» auch die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm um die sexuelle Orientierung ab. Diese sei «problematisch und überflüssig». Das geltende Recht genüge als Schutz vor Diskriminierung und Hass gegen sexuelle Minderheiten, argumentiert die SEA. Hingegen sei «ein Konflikt mit der Meinungsfreiheit absehbar».
Die SEA verurteile «jegliche Form von Hass und Gewalt gegenüber Menschen jeglicher sexuellen Orientierung». Kritik an praktizierter Homosexualität müsse jedoch erlaubt sein ebenso wie das Recht, «für die Ehe von Mann und Frau gegenüber anderen Partnerschaftsformen einzutreten». Hier ortet die SEA «einen wesentlichen Schwachpunkt der Gesetzesrevision», weil «öffentliche Äusserungen in diese Richtung oder die Verweigerung einer Leistung künftig strafrechtliche Folgen haben könnten».
Das Schweigen der Bischöfe
Im Gegensatz zu den reformierten Kirchen gibt die Schweizer Bischofskonferenz SBK keine Empfehlung ab. Die Soziallehre der katholischen Kirche halte klar fest, dass man niemanden aufgrund seiner sexuellen Ausrichtung diskriminieren dürfe, so die Bischöfe.
Spreche sich die Kirche jedoch für die Erweiterung des Gesetzes aus, «wird sie nach dem Verhalten im eigenen Kreis gefragt. Spricht sie sich dagegen aus, wird sie als homophob hingestellt», sagte SBK-Generalsekretär Erwin Tanner. Und SBK-Präsident Bischof Felix Gmür meinte: «Wir lassen uns nicht instrumentalisieren. Gesetze sind zuerst einmal Sache der Politik.»