Der Klimawandel verändert auch das Wetter bei uns in den Bergen. So richtig fetten Nebel kannten wir früher nicht, heute Morgen jedoch sah man die Hand nicht vor Augen. Wo üblicherweise die Berge sind, war eine weisse Wand. «Wo sind sie hin?», fragte Bigna. «Wer?» «Die Berge natürlich.» «Die sind, wo sie immer sind. Wir sehen sie nur nicht.» «Hm», sagte Bigna, «weisst du das, oder glaubst du es nur?» Ich lachte. «Ich schlussfolgere. Nachts sind die Berge auch da, obwohl man sie nicht sieht.»
Bigna schüttelte den Kopf. «Vielleicht sind sie auch in der Nacht nur genau dann da, wenn man sie sieht.» «Kehren wir zum Nebel zurück», bat ich, «Nebel ist Wasser, genauso wie Regen. Regen zwischen uns und den Bergen lässt die Berge nicht verschwinden. Wenn es regnet, sind die Berge auch noch da.» «Vielleicht nicht, wenn es so fest regnet, dass man sie nicht mehr sieht», insistierte Bigna und wechselte vor Ungeduld immer von einem Bein aufs andere.
«Stell dir eine leere Flasche vor», schlug ich vor. «Halte die Hand hinter die Flasche und fülle die Flasche mit Wasser. Die Hand sieht jetzt ganz anders aus und ist doch dieselbe Hand.» Das schien mir sehr schlüssig, aber Bigna wurde noch ungeduldiger: «Genau das kannst du nicht wissen! Nimm etwa das Christkind, das gibt es ja nicht wirklich …» Normalerweise hätte ich etwas eingeworfen wie: «Das Christkind gibt es für die, die daran glauben», doch das wäre weiter Wasser auf Bignas Mühle. Also fragte ich nur: «Was hat das Christkind mit dem Nebel zu tun?» «Nicht mit dem Nebel, aber mit den Bergen. Das Christkind gibt es nicht, ausser eben zu Weihnachten, da ist es ja dann doch da und zündet die Kerzen am Baum an und bringt die Geschenke und so.»
Bigna sah mich an, als hätte sie gerade ein unschlagbares Argument geliefert. «Meinetwegen, nur was hat das wieder mit den Bergen zu tun?», fragte ich erschöpft. Sie fasste sich an den Kopf. «Dass die Berge eben da sind, ausser wenn Nebel ist», schrie sie, «genau wie das Christkind nicht da ist, ausser an Weihnachten! Was gibt es da nicht zu kapieren?»