«Von Zeit zu Zeit betreue ich eine Freundin, die an Alzheimer erkrankt ist. Wir kennen uns schon seit der Mittelschule, damals hatten wir denselben Schulweg. Wir fuhren mit den Fahrrädern nebeneinander und diskutierten so intensiv, dass wir manchmal sogar den Verkehr behinderten. Heute ist nicht mehr viel verbale Kommunikation möglich, es macht mich traurig, diesen geis-tigen Verfall mitzuerleben. Deswegen überlegte ich mir, es mit gemeinsamem Malen zu versuchen. Ich setzte mich ihr gegenüber, jede von uns hatte ein Blatt vor sich. Sie konnte sich nicht für eine Farbe entscheiden, so färbte ich ihren Pinsel rot ein und reichte ihn ihr. Als ich auf meinem Blatt zu malen begann, malte die Freundin Kreise und Striche. Immer wieder reichte sie mir den Pinsel, damit ich ihr andere Farben geben konnte. Ihr Bild zeigte schliesslich ein vogelartiges Wesen mit bunten, auf dem Blatt verstreuten Kreisen. Sie strahlte und für mich war es eine grosse Freude, dass wir uns im gemeinsamen Tun verstehen konnten.»
Ursa Weiss, 75, ist Heilpädagogin in Neuenhof AG und betreut das Labyrinth auf dem Rügel.