Seit zehn Jahren helfe ich als Freiwillige am Kantonsspital Winterthur aus, begleite unruhige oder ängstliche Patienten durch die Nacht. Die Sitzwache ist ein Gewinn für mich, ich tue anderen etwas Gutes, ich bekomme jedoch mindestens genauso viel zurück. Ganz entscheidend ist die Empathie mit den Patienten, aber auch das Bauchgefühl, welche Art von Kontakt sie sich wünschen. Einmal wurde ich zu einem Patienten gebeten, vor dem mich das Pflegepersonal gewarnt hatte. Er hatte um sich geschlagen, war aggressiv. Wir helfen auch bei einfachen Pflegetätigkeiten, und als der Mann urinieren musste, reichte ich ihm eine Flasche. Als er sie mir zurückgab, rutschte mir heraus: «Grazie. Vino bianco.» Das brachte ihn zum Lachen. Er war die ganze Nacht freundlich zu mir, und am Morgen fragte er mich, ob ich noch einen Kaffee mit ihm trinken könnte. Diese Episode hat mir Mut gemacht, auf mich selbst zu hören. Und sie hat mir gezeigt, dass Humor auch in schwierigen Situationen Menschen erreichen kann.
Rosmarie A. Mahnig ist Musikerin und Sinologin und Mitglied des Sitzwache-Teams am Kantonsspital Winterthur