Meinung 25. Januar 2021, von Felix Reich

Gottesdienste bleiben richtig und wichtig

Kommentar

Trotz verschärfter Schutzmassnahmen gegen die Pandemie bleiben Gottesdienste möglich. Kirchgemeinden sollten den Spielraum verantwortungsvoll nutzen.

Die Läden und Restaurants sind geschlossen, Museen und Discos in der Zwangspause. Mehr als fünf Personen dürfen sich nicht mehr treffen. Erneut greift der Staat massiv in die Freiheit der Bevölkerung ein, um die Pandemie in den Griff zu bekommen.

Von Verschärfungen verschont bleiben zumindest vorläufig die Religionsgemeinschaften. Sie dürfen mit maximal 50 Personen feiern. Offenbar gewichtet der Staat das Bedürfnis nach gelebter Religiosität hoch. Er vertraut den Kirchen, dass sie sich an die Schutzauflagen halten. Tatsächlich gibt es wenige Ereignisse, die so kontrolliert ablaufen wie zum Beispiel reformierte Gottesdienste. Auch verursachen sie kaum Mobilität, weil die Kirchendichte hoch und das Verkehrsaufkommen am Sonntagvormittag gering ist.

Die Freiheit der Gemeinden

Natürlich lässt sich einwenden, dass zurzeit jeder zusätzliche Kontakt einer zu viel ist. Kirchgemeinden und Religionsgemeinschaften ist es freigestellt, die Verkündigung ganz ins Internet zu verlagern. Einige tun das oder haben zusätzliche Schutzmassnahmen wie ein Obligatorium für FFP-2-Masken eingeführt. Auch der Kirchenrat mahnt zur Vorsicht, wenn er dazu aufruft, «sorgfältig zu prüfen, ob und wie die Durchführung eines Gottesdienstes aufgrund der lokalen Umsetzungsmöglichkeiten der Schutzmassnahmen zu verantworten ist».

Genauso wenig es der Buchhandlung hilft, wenn der Blumenladen nebenan solidarisch die Rollläden herunterlässt, nützt es der Tonhalle, streicht das Fraumünster alle Gottesdienste.

Was schwammig klingt, ist richtig. Die Gemeinden kennen die räumlichen Verhältnisse und Bedürfnisse der Menschen vor Ort am besten. Sie sollen entscheiden, ob Versammlungen sinnvoll sind.

Systematische Widersprüche

Die Einkehr im Kirchenraum schenkt Vertrauen in Angst und Ungewissheit. Die Pandemie zeigt, wie verwundbar das Leben, die wirtschaftlichen und sozialen Systeme sind. Die eigene Hilflosigkeit vor Gott zu bringen, aus Wort und Musik, aus Gemeinschaft und Segen Zuversicht zu schöpfen, ist vielen Menschen wichtig. Für sie muss die Kirche offen bleiben.

Dass sich die Behörden in Widersprüche verwickeln, sobald sie nicht einfach alles erlauben oder alles verbieten, gehört zu den Erfahrungen der Pandemie. Gemeinden, die ihren Spielraum nutzen, müssen sich dennoch nicht rechtfertigen und dürfen ganz ohne schlechtes Gewissen feiern. Sie haben während des Gottesdienstfastens im Frühling das Verbot befolgt, und nun halten sie sich an die strengen Auflagen.

Fürbitte statt Neidkultur

Wer die Kirche zum freiwilligen Verzicht aufruft, weil auch Theater und Konzertsäle leer bleiben, hat eine seltsame Vorstellung von Solidarität. Genauso wenig es der Buchhandlung hilft, wenn der Blumenladen nebenan solidarisch die Rollläden herunterlässt, nützt es der Tonhalle, wenn das Fraumünster alle Gottesdienste streicht. Im Gegenteil: Kirchgemeinden bieten Musikerinnen und Musikern in Gottesdiensten und Vespern rar gewordene Auftrittsmöglichkeiten. Eine Neidkultur hilft in der Pandemie nicht weiter. Dafür ist Fürbitte nötiger denn je.

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