Rund 25’000 Migranten leben im Flüchtlingslager Moira auf der griechischen Insel Lesbos - gebaut ist es für höchstens 3'000. Die Menschen leben in notdürftigen Zelten, die ärztliche Versorgung ist unzureichend, blutige Konflikte ums Essen häufen sich. Inmitten dieser Zustände zeichnet sich eine weitere Katastrophe ab: Der Ausbruch des Corona-Virus könnte Tausenden von Menschen das Leben kosten.
Der Schweizer Unternehmer Guido Fluri ist vom Elend auf Lesbos tief erschüttert: «Als ich Bilder vom Lager gesehen habe, indem Tausende eingepfercht sind, war mir sofort klar, dass wir helfen müssen, bevor die Pandemie dort ausbricht.»
Katastrophale Verhältnisse
Eigentlich wollte Guido Fluri vor Ort eruieren, wie man den Menschen am besten helfen kann: «Einen Flug nach Lesbos mussten wir in letzter Minute absagen, weil die Einreise durch den Quarantäne-Erlass der Regierung verunmöglicht wurde.»
Inzwischen ist das Lager abgeriegelt, es herrschen katastrophale hygienische Verhältnisse. Die medizinische Betreuung liegt beim staatlichen Spital Vostanio, einer Einrichtung mit 250 Betten. «Für einen Corona-Ausbruch ist das Spital in keiner Weise gerüstet. Darum liefern wir Sterilisationsboxen, Elemente für Corona-Tests, Beatmungsgeräte und Schutzbekleidung», erzählt Fluri.
Stolz auf die reformierte Kirche
Die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz EKS hat sich dem Hilfsprojekt der Guido Fluri Stiftung mit einem Spendenaufruf für die Osterkollekte sowie einem Direktbeitrag von 10'000 Franken angeschlossen. «Ich bin mir bewusst, dass wir in dieser aussergewöhnlichen Zeit alle mit eigenen Sorgen beschäftigt sind. Dennoch sollen diejenigen, die können, helfen. Ich bin stolz auf die reformierte Kirche in unserem Land, die das Hilfsprojekt für Lesbos mitträgt», so Guido Fluri.
Nach seinem persönlichen Glauben gefragt, sagt er: «Doch, ich habe einen starken Glauben und sehe, wie viel Gutes Glaube und Kirche bewirken können. Das gemeinsame Hilfsprojekt für Lesbos zeugt genau davon. Ich versuche, nach den Werten von Jesus zu leben, die universell gelten. In erster Linie geht es um Nächstenliebe. Diese versuche ich zu leben und zu vermitteln.»
Vom Mittellosen zum Millionär
Dabei begann Guido Fluris aussergewöhnliche Lebensgeschichte lieblos: «Man hat mir immer gesagt, dass ich aufgrund meiner ‘versündigten’ Herkunft als uneheliches Kind ein Nichts sei, und dass aus mir nichts werde», erzählt er. «Doch ich habe mir immer wieder gesagt, dass es anders kommt. Mit meinem ersten ersparten Geld und einem Kredit habe ich mit zwanzig Jahren ein Stück Land gekauft, darauf gebaut und alles wieder verkauft. So hat alles angefangen.»
Guido Fluri hat es vom mittellosen Tankwart zum erfolgreichen Unternehmer, Millionär und Mäzen gebracht. Er habe an sich geglaubt, sagt er. Doch hat er auch gezweifelt? «Wer nicht zweifelt, kann kein Risiko abschätzen. Ich habe früher an mir gezweifelt und tue dies auch heute noch. Ich sehe dies jedoch nicht negativ. Es treibt mich an, mich ständig zu verbessern.»
Die Guido Fluri Stiftung verfolgt drei unterschiedliche Ziele, alle mit persönlichem Bezug zum Stiftungsgründer: «Mitwirken gegen Hirntumore», von denen auch er betroffen war, «Verhindern von Gewalt an Kindern» sowie «Leben mit Schizophrenie». Bekannt geworden ist Guido Fluri auch als Initiant der Wiedergutmachungsinitiative für Verdingkinder und Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen in der Schweiz. Die Initiative hat für die Betroffenen die Anerkennung ihres Leids und einen Solidaritätsbeitrag erwirkt.
Von den Geldsorgen geprägt
«Meine Mutter ist in meiner frühkindlichen Zeit schwer an Schizophrenie erkrankt, und so war auch ich teilweise fremdplatziert. Wir hatten stets Geldsorgen und konnten die Rechnungen nicht bezahlen», erzählt Guido Fluri. Dies habe ihn geprägt: «Einerseits wuchs der Wille in mir, mein eigenes Leben in die Hand zu nehmen und zu verbessern, um eine solche Zeit nie mehr erleben zu müssen. Anderseits habe ich ein starkes Sensorium für die Schwachen entwickelt und das Bewusstsein, dass man ihnen helfen muss.»
Dieses Bewusstsein möchte Guido Fluri an seine drei Kinder weitergeben: «Meine Kinder wachsen in einer privilegierten Situation auf. Ich versuche ihnen mitzugeben, dass nichts selbstverständlich ist. Sie müssen auf eigenen Beinen stehen. Und sie sollen alle einen Teil ihres Glücks weitergeben. Wenn sie heute und in Zukunft für andere einstehen, habe ich etwas richtig gemacht.»