Läden mit Waren, die zum «nicht täglichen Bedarf» zählen, sind geschlossen. Veranstaltungen mit Publikum sind teils schon monatelang verboten – seien es Sportanlässe, Konzerte, Theater oder öffentliche Vorträge. Restaurants, Discos, Clubs, Tanzlokale, Museen, Kinos, Casinos, botanische Gärten, Zoos, Wellnesseinrichtungen, Aquaparks: alles zu. Alles Institutionen und Unternehmen, die vom anwesenden Publikum leben. Kommen auf Dauer keine Menschen, sind diese Betriebe tot.
Steuergelder fliessen sicher
Die schweizweit geltende Regelung hat Ausnahmen: In Kirchen dürfen sich nach wie vor bis zu 50 Menschen gleichzeitig versammeln. Erlaubt sind auch Parlaments- und Gemeindeversammlungen, politische Demonstrationen, Unterschriftensammlungen und Veranstaltungen zur politischen Meinungsbildung, Präsenzunterricht bis zur Gymnasial- und Berufsschulstufe.
Notabene alles Menschenansammlungen, bei denen die verantwortlichen Organisationen nicht existenziell angewiesen sind auf Personenpräsenz. Müsste eine Zeit lang darauf verzichtet werden, würden sie gut über die Runden kommen. Die Steuergelder fliessen weiter. Ja, die Ausnahmen müssen allesamt Schutzkonzepte vorweisen. Und völlig klar, es gibt gute Gründe, derzeit möglichst streng zu sein und Kontaktmöglichkeiten maximal zu reduzieren.
Ungleicher Respekt
Die aktuelle Regelung ist unter Berücksichtigung sämtlicher Argumente jedoch seltsam und höchst ungerecht. Wieso kann eine Kirche 50 Menschen zum Gottesdienst begrüssen, ein Kleintheater aber nicht mal fünf zu einer Kurzvorstellung? Das stösst auch kirchlichen Exponenten auf. Auf dem Portal ref.ch wird Nicolas Mori, Sprecher der reformierten Zürcher Landeskirche, damit zitiert, dass er die Erlaubnis für Gottesdienste schon fast «exotisch» finde. Und die Kirchgemeinde Frieden verzichtet freiwillig auf Gottesdienste, weil sie diese zurzeit «nicht angemessen» findet, wie Pfarrer Christian Walti gegenüber ref.ch sagt.
Kirchgemeinden können und müssen also selbst entscheiden. Die Berner Landeskirche unterstützt sie mit einer 61-seitigen Hilfestellung. Die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz stellt ein Musterschutzkonzept zur Verfügung. Und zeigt sich zugleich dankbar für die Ausnahmeregelung: Sie widerspiegle «den Respekt der Landesregierung vor der geistlichen Versorgung der Menschen». Wo ist aber der Respekt vor der kulturellen Versorgung? Diese stärkt übrgens auch das Immunsystem – neben der Gerechtigkeit ein weiteres Argument für eine Lockerung auch in diesem Bereich.