Wie kommt der Pfarrer auf eine solche Idee, dürften sich viele fragen. Haiko Behrens strahlt zurzeit kurze, satirische Beiträge unter der Überschrift «Reden mit Covid, Seelsorge für ein Virus» aus. Die erste Folge steht unter dem Titel «Ver-Virungen». Als ein Redaktor im Radio das Corona-Virus ständig als «miesen, kleinen Kerl» bezeichnete, sei er auf die Idee gekommen, erzählt Behrens. Er fing an, die Figur des Covid zu entwickeln, und es entstand das Konzept zur ersten Sendung.
Wenn das Virus an die Pfarrhaustür klopft
Dass Kranke den Pfarrer besuchen, ist Alltag. Dass aber ein Virus an die Pfarrhaustür klopft wie in den Satirebeiträgen des Pfarrers Haiko Behrens, hat seinen eigenen Witz.
Sensible Virenseele
In dieser klopft das Corona-Virus an die Türe des Pfarrhauses und verlangt seelsorgerlichen Beistand. «Eine seltsame Gestalt, kreisrund mit Noppen rundherum», so der Pfarrer. Covid beklagt sich bitterlich, dass er ständig in der Luft herumgewirbelt werde, von einem Menschen zum anderen. Und dann wolle ihn die Wissenschaft auch noch ausrotten. An so viel Ungemach leidet die sensible Virenseele und fordert vom Pfarrer, sich für sie einzusetzen. Ansonsten verlasse sie die Kirche.
Mit Witz und Augenzwinkern zeichnet Haiko Behrens eine Figur, die ständig um die eigenen Probleme und Schwierigkeiten kreist, und nicht erkennt, welchen Schaden sie anrichtet. «Covid hält uns den Spiegel vor und von sich selber weg. Mindestens zwei Meter», witzelt Behrens.
Corona-Party und eurythmische Tänze
In der zweiten Folge besucht Covid eine Corona-Party und trinkt Corona-Bier. Die dritte Folge handelt davon, wie die Masken die Gesellschaft erobern und auch die Kirche kein Gesicht zeigt. Und in der vierten lernt Covid eurythmische Tänze am nahen Goetheanum.
Die Reaktionen auf seine Einspieler seien vorwiegend positiv, sagt Haiko Behrens: «Die Leute finden sie witzig.»
Das Leben ist schon ernst genug
Seit Jahren schreibt Haiko Behrens Sketche und nimmt an Preacher Slams teil. Als der Lockdown das soziale Leben zum Erliegen brachte, dachte er sich, dass die Leute in der schwierigen Situation etwas zum Lachen brauchen. «Die Lage ist ernst genug», sagt der Pfarrer, der in seiner Gemeinde erlebt, wie viele verunsichert sind. Mit seinem schwarzen, staubtrockenen, englischen Humor orientiert sich Behrens am Wiener Komiker Georg Kreisler, dessen Rezept lautete: «Man nehme ein an sich grausiges Ereignis und übertreibe es masslos, so dass es seinen Schrecken verliert und grotesk wird.»
Zum Humor dazu kommt noch Haiko Behrens’ Zungenschlag, der seine norddeutsche Heimat verrät. Er kam in Hamburg als Sohn einer Pastorenfamilie zur Welt. Nach dem Theologiestudium in Kiel arbeitete er neun Jahre lang als Geistlicher in den USA, bevor es ihn ins Mittelschanfigg im Büdnerland verschlug. Vor drei Jahren zog er aus den Bergen nach Dornach, wo er die Pfarrstelle übernahm. Heute ist der Hamburger zudem Synodalrat der reformierten Kirche Kanton Solothurn, mit dem Ressort weltweite Kirche.
In der Tradition des Osterlachens
Mit seinen Beiträgen knüpfe er an die alte christliche Tradition des Osterlachens an, sagt Haiko Behrens. «Der Tod und das Leid der Welt haben durch die Erfahrung der Auferstehung von Jesus Christus an Ostern ihren Schrecken verloren.»
Der Pfarrer erlebt allerdings unmittelbar, wie viele unter der Corona-Pandemie leiden. Nicht nur gesundheitlich, sondern ökonomisch. Der Besitzer des Restaurants, der vor dem Aus steht. Oder die Witwe, der kurz nach dem Tod ihres Mannes auch noch die wirtschaftliche Existenz wegbricht. «Das sind tragische Geschichten», sagt Behrens. «Da geht es um Existenzen.»
Aber die ganzen Verschwörungstheorien, die zurzeit durchs Netz geistern, hätten etwas Groteskes, das sich geradezu für die Satire anbietet. Daran will Haiko Behrens in den nächsten Beiträgen anknüpfen, wenn es im Pfarrhaus Dornach wieder heisst: «Reden mit Covid».